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Archiv-Artikel

RWE will jetzt aufklären, wen es alles bezahlt

Der Energiekonzern hält in NRW traditionell Posten für CDU und SPD bereit. Nun will der Aufsichtsratsvorsitzende „lückenlose Aufklärung“

KÖLN taz ■ Als CDU-Präsidiumsmitglied Hermann-Josef Arentz wegen seines 60.000-Euro-Zusatzeinkommens von fast allen seinen Funktionen zurücktreten musste, blieb in der CDU bei aller Kritik einer verschont: Zahlmeister RWE. Auch das Energieunternehmen selbst blieb stumm. Nach den Enthüllungen der Vorteilsgaben ohne Arbeitsleistung für CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer ändert sich das.

RWE-Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Fischer hat „lückenlose Aufklärung“ angekündigt. Er lässt eine Liste erstellen, in der alle Zahlungen der letzten Jahre an Meyer und andere enthalten sein sollen. Etwa 40 Politiker aus Kommunal- und Landesparlamenten und dem Bundestag sollen betroffen sein. Wenn das mal nicht zu kurz greift. Denn es gibt viele Firmen, auf denen RWE nicht draufsteht, wo aber RWE drin ist. Der Konzern ist durch hunderte von Beteiligungsgesellschaften tätig. Allein die Tochter RWE Power (ehemals Rheinbraun), bei der Arentz auf der Gehaltsliste stand, besteht aus 150 Firmen. Außerdem sind die Vorteilsgaben heutzutage höchst vielfältig.

Der Kölner Müllskandal hat so manche Einzelheiten ans Tageslicht befördert. Sie wurden in Politik und Medien kaum beachtet. Landtagsabgeordnete hatten Geschäftsführerposten in Tochtergesellschaften der RWE-Tochter Trienekens. Der ehemalige CDU-Fraktionschef im NRW-Landtag, Bernhard Worms, hatte ebenso wie Karl Wienand, der die SPD-Strecke bearbeitete, einen millionenschweren Beratervertrag. Geringer dotierte Beraterverträge von 50.000 Euro jährlich aufwärts wurden an den Kölner CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann vergeben, CDU-Hinterbänkler Karl-Heinz Schmitz erhielt immerhin eine halbe Million. Der Geschäftsführer der Kölner Müllabfuhr wurde bedacht, indem seine Gattin auf die Gehaltsliste kam. Der Geschäftsführer des Kölner Müllofens, der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Peter-Olaf Hoffmann, erhielt von Mitgesellschafter Trienekens einen „Gehaltszuschuss“. Außerdem regnete es gelegentliche „Erfolgsprämien“ ab 25.000 Euro aufwärts. RWE war seit Beginn 1991 im Aufsichtsrat der Kölner Müllgesellschaft vertreten, ebenso im Aufsichtsrat der Trienekens-Tochter.

Bei Fischers Aufklärungsstreben ist auch Folgendes zu bedenken: Er ist zugleich Vorstandsvorsitzender der Westdeutschen Landesbank. Die enge Verbindung RWE-WestLB stellt selbst eine jahrzehntelange Verfilzung dar. Die beiden Konzerne gelten als heimliche Nebenregierungen des Bundeslandes. Die WestLB war Konsortialführerin der Kreditbanken für die meisten Müllöfen. Sie profitiert noch heute von jeder Anlage, die nicht zuletzt durch die Zahlungen der eigenen Tochterfirma Trienekens zu groß und zu teuer geriet.

Im Aufsichtsrat der WestLB sitzen Vertreter der SPD-Landesregierung, traditionell die Wirtschafts- und Finanzminister, aber auch Vertreter der „Opposition“, seit Jahrzehnten der jeweilige CDU-Fraktionschef. Typisch ist der Ausspruch von Franz-Josef Antwerpes (SPD), ehemaliger Kölner Regierungspräsident. Als bekannt wurde, dass er eine Dienstwohnung zum Spottpreis von zunächst 5,73 DM pro Quadratmeter bewohnte, rechtfertigte er sich: „Das war alles in Ordnung, außerdem unterstand es der Kontrolle meines Stellvertreters Steup. Der ist von der CDU.“

WestLB-Chef Fischer zeigt übrigens wie die CDU und RWE selbst kein Unrechtsbewusstsein. Er moniert lediglich, dass die bisherigen Privilegien ein „Reputationsrisiko“ darstellen. Fischer kommt von der Deutschen Bank. Die ist seit Jahrzehnten die weitaus größte Spendengeberin der CDU, nach Kohls schwarzen Kassen stellte sie mit ihrem Vorstandsmitglied Ulrich Cartellieri den CDU-Schatzmeister. Mal sehen, wer da auf Fischers Liste auftaucht – und wer nicht. WERNER RÜGEMER