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Archiv-Artikel

Yukos-Tochter an unbekannt

Nicht Gazprom, sondern die Firma Baikalfinansgrup ersteigert Teil des Ölkonzerns. Der Kreml setzt sich mit der Auktion über die Verfügung eines US-Gerichts hinweg

MOSKAU rtr/ap ■ Russland hat gestern ungeachtet einer einstweiligen Verfügung eines US-Gerichts und Widerstandes der Eigner das Kerngeschäft des russischen Ölkonzerns Yukos versteigert. Überraschend erhielt die bisher unbekannte Baikalfinansgrup den Zuschlag.

Baikal erhielt für umgerechnet rund 7,05 Milliarden Euro den Zuschlag für die Yukos-Tochter und stach damit den als Favoriten geltenden staatlichen Energiekonzern Gazprom aus. Mit dem Erlös aus der Versteigerung will der russische Staat einen Teil seiner Steuernachforderungen der Jahre 2000 bis 2003 von umgerechnet rund 20 Milliarden Euro gegen Yukos decken.

Yukos bezeichnete die Versteigerung in einer ersten Reaktion als illegal. Auf den Konzern entfallen rund 20 Prozent der russischen Ölförderung, der größte Teil davon auf die versteigerte Tochter Yuganskneftegaz.

Es war zunächst nicht klar, wessen Interessen Baikal vertritt. Die Vertreter des zweiten Bieters, der Gazprom-Öltochter Gaspromneft, rührten sich nicht, als Baikal ihr erstes Angebot abgab, das nur knapp über dem Startangebot lag – und den Zuschlag erhielt. Der Sieger sei wahrscheinlich mit Gazprom verbunden, kommentierte ein Manager aus dem Yukos-Konzern, der namentlich nicht genannt werden wollte. Gazprom wies derartige Vermutungen umgehend zurück. „Baikal hat nichts mit uns zu tun und ist weder eine Tochter von Gazprom noch von Gazpromneft“, sagte ein Konzernsprecher.

Während der vergangenen Tage waren Zweifel aufgekommen, ob die russischen Behörden die Yukos-Tochter tatsächlich würden versteigern können. Ein US-Konkursgericht hatte den Insolvenzantrag von Yukos nach US-Recht akzeptiert und zugleich eine Verschiebung der Auktion um zehn Tage angeordnet. Gazprom legte dagegen zwar am Samstag in den USA Einspruch ein. Ein weiteres US-Gericht bestätigte den Spruch jedoch am Sonntag. Beobachter werten das Vorgehen der russischen Behörden gegen Yukos als Versuch der Regierung in Moskau, die politischen Ambitionen von Großaktionär Michail Chodorkowski zu blockieren, der sich wegen angeblichen Betrugs und Steuerhinterziehung in Haft befindet.