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Archiv-Artikel

Führungskrise in der CDU

CDU Am Montag will die CDU-Fraktion ihren Vorstand neu wählen. Thomas Röwekamp will dabei zwei erfahrene Abgeordnete, Vertraute aus der Ära Neumann, loswerden

VON KLAUS WOLSCHNER

„Der Mann hat mein Vertrauen nicht.“ Dieser Satz des stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden Dieter Focke über seinen Vorsitzenden Thomas Röwekamp ist der Endpunkt einer langen Beziehungsgeschichte. Dieter Focke, immerhin seit 1983 in der Bürgerschaft, war vor zwei Jahren sehr knapp und gegen das Votum des Vorsitzenden von der Fraktion in das engere Führungsgremium gewählt worden. Damals hatte er seine Arbeit auf 20 Prozent „reduziert“. Vor Wochen schon hat er nun seinem Arbeitgeber, der Deutschen Bank, mitgeteilt, dass er wieder voll arbeiten wolle. Focke hat das seinem Vorsitzenden nicht gesagt.

Röwekamp seinerseits will seinen Stellvertreter Focke nach der Neuwahl am kommenden Montag nicht mehr im Fraktionsvorstand sehen. Das hat der Vorsitzende seinem Stellvertreter nicht ins Gesicht gesagt – von Dritten hat der das erfahren.

„Ein Vorsitzender muss auch integrieren können“, sagt Focke. Nach dem eher knappen Ergebnis der Fraktionsvorstandswahlen vor zwei Jahren scheint das aber nicht passiert zu sein. Er habe seit zwei Jahren immer wieder vermittelt bekommen, dass er nicht gewollt war, sagt Focke. In den letzten Wochen sei ihm mehrfach zugetragen worden, wie Röwekamp einen Gegenkandidaten suchte. Offenbar hat Röwekamp keinen gefunden – deswegen jetzt der Vorschlag, den dritten Stellvertreter-Posten ganz zu streichen. Den hatte Röwekamp vor zwei Jahren eingeführt mit der Begründung, dass die Arbeit auf mehr Schultern verteilt werden müsse, wenn alle auch noch beruflich in Anspruch genommen sind. Dass er mehr in seiner Anwaltskanzlei sei als in der Partei- und Fraktionszentrale werfen Röwekamp auch andere vor. Bei der letzten Bürgerschaftssitzung war er komplett abwesend.

Große politische Kontroversen gab es in der CDU nicht, eher ein großes Unbehagen am politischen Stil. Etwa an der Art, wie erst wochenlang mit aller Macht auf die Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) geschossen wurde – der Angriff ging ins Leere – um dann auf dem Felde der Bildungspolitik so zu tun, als regiere man mit. Die CDU hat den „Bildungskonsens“ im Allgemeinen unterschrieben, wird aber in konkreten Schulkonflikten in den Stadtteilen und demnächst beim Schulgesetz in der Bürgerschaft schlicht überstimmt – als bedeute der „Konsens“ nichts.

Die Abgeordneten der CDU-Fraktion wollen in zwei Jahren wieder auf der Liste sein – deshalb wird der Konflikt nicht offen ausgetragen. Gestern in der Fraktionssitzung fiel kein Wort zu dem Thema, das alle bewegt. Am Samstag auf dem Landesparteitag der Bremer CDU steht es nicht auf der Tagesordnung. Helmut Pflugradt, seit 1975 Mitglied der Bürgerschaft, hat von Röwekamp gesagt bekommen, dass er auch als Beisitzer nicht gewünscht sei in dem neuen Fraktionsvorstand. Gab es große inhaltliche Kontroversen? „Ich kenne keinen bedeutsamen Konflikt“, sagt auch Pflugradt. Weswegen er auch nicht akzeptieren will, dass er, der Kreisvorsitzende in Bremen-Nord ist, nicht einmal mehr Beisitzer sein soll. „Ich könnte auch wieder als Stellvertreter kandidieren“, sagt Pflugradt keck, „das war ich immerhin 12 Jahre lang.“

Dass Röwekamp am kommenden Montag ohne Gegenstimme wiedergewählt wird, darauf würde derzeit niemand einen Cent verwetten.