: Seniorprofessor
23 Jahre stritt ein Mediziner für seine Habilitierung an der Universität Münster. Vor Gericht obsiegt er über die Fakultät und erhält nun die Lehrbefugnis – mit 64 Jahren
In Deutschland hat auch die reifere akademische Elite noch eine Chance – trotz Nachwuchsförderung und Juniorprofessur. Man muss nur wie Walter Laabs hart genug dafür kämpfen. Der medizinische Direktor des Rehabilitationszentrums Wilhelmshaven trotzte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster die Habilitierung ab – im stolzen Alter von 64 Jahren.
Bereits 1981 reichte der Mediziner seine Habilitationsschrift über Therapiemöglichkeiten bei Knochenbrüchen an der medizinischen Fakultät der Universität Münster ein. Doch die Uni lehnte die Habilitierung ab. Immer wieder. Der hartnäckige Wissenschaftler zog vor Gericht. Insgesamt dreizehn Verfahren strengte er an – und gewann sie laut seinem Anwalt alle. Vor einigen Monaten erstritt er gerichtlich seinen Habilitationsvortrag, neben der Habilschrift die zweite Voraussetzung für die Lehrbefugnis.
Doch auch nach 23 Jahren wollte die Universität dem Mediziner das lang ersehnte Recht nicht zubilligen. Die Kommission der medizinischen Fakultät lehnte den Vortrag ab, mit 94 zu 7 Stimmen. Die originelle Begründung nach 25 Jahren Hinhalten: Die Ausführungen Laabs beruhten auf Erkenntnissen von 1981 – ein Wissenschaftler habe aber auf dem aktuellen Stand zu sein.
Nach so langer Zeit zu viel verlangt, meinte zumindest das Verwaltungsgericht Münster und verpflichtete die Universität zur Ausstellung der Habilitationsurkunde. In der Urteilsbegründung heißt es, die Fakultät habe das Verfahren „in rechtswidriger Weise“ fast ein Vierteljahrhundert hinausgezögert, Laabs Anspruch auf ein zügiges und faires Verfahren sei fortwährend verletzt worden. Dem Mediziner könne deshalb nicht vorgehalten werden, bei dem Vortrag auf dem Wissen aus dem Jahre 1982 aufgebaut zu haben.
Die Uni ist sich keiner Schuld bewusst und fühlt sich von den Juristen genötigt. „Die Arbeit und der Vortrag waren einfach nicht gut genug. Die Fakultät hat hohe Qualitätsstandards, die wir sehr ernst nehmen“, sagt eine Sprecherin des Universitätsklinikums. Man wolle die Gründe für das Urteil abwarten und gegebeennfalls Berufung einlegen.
Walter Laabs wird sich mit der Vorbereitung seiner Lehrveranstaltungen beeilen müssen. Mit 65 wird er emeritiert, in Ausnahmefällen darf er bis 68 weitermachen – sofern die Fakultät es erlaubt. JOHANNES HONSELL