Die USA stehen nun ganz allein da

Australien distanziert sich von US-Klimapolitik. Umweltminister will sich für neues Klimaschutzprotokoll engagieren

BERLIN taz ■ Australien sei bereit, sich für die Zeit nach dem Kioto-Protokoll für ein neues Klimaprotokoll zu engagieren. Dies erklärte Australiens Umweltminister Ian Campbell zu Wochenbeginn – und distanzierte sich damit von der harten Blockadehaltung der USA. Man sei nicht einverstanden mit deren Haltung, sagte Campbell, der vergangene Woche auf dem Klimagipfel in Buenos Aires die Delegation seines Landes anführte. „Wenn wir das nicht tun, ist der Planet ernsthaft in Gefahr.“ Australien war das letzte Land, das den USA noch die Treue hielt. In Kioto hatten die USA vor sieben Jahren mit der Gründung der so genannten „Umbrella Group“ noch zehn Staaten gegen die Europäische Union in Stellung gebracht, darunter Japan, Kanada, Norwegen, Russland und eben Australien. Diese haben inzwischen alle das Kioto-Protokoll ratifiziert – außer Australien. Doch anders als die USA will das Land die Klimaschutzverhandlungen für die Zeit ab 2012 nicht mehr torpedieren.

Die neue Haltung war laut Stephan Singer, Klimadirektor vom WWF-Europe, bereits in Buenos Aires zu spüren. „Die Australier haben versucht, einiges an dem zu verbessern, was die Amerikaner eingebracht haben.“ In Australien gibt es viel mehr Druck pro Klimaschutz als in den USA. Die oppositionelle sozialdemokratische Labour-Partei fordert gar eine Ratifizierung des Kiotoprotokolls. Sie verlor aber die Wahl im Oktober knapp gegen die Konservativen. Vor allem die jüngsten Hitzewellen haben dem Thema neuen Schwung verliehen. Dennoch ist Klimaschutz für die Australier zweischneidig, schließlich ist das Land der weltgrößte Kohleexporteur.

Campbell akzeptiert gar den Konsens der Klimaforscher, dass der Ausstoß bis 2050 halbiert werden müsse, „um die Schlacht gegen den Klimawandel zu gewinnen“. Das Land wolle jedoch nur reduzieren, wenn China, Indien und die USA mitzögen.

Obwohl Australien Kioto nicht ratifizieren will, wird Campbell nicht müde zu betonen, dass sein Land „on track“, also auf dem besten Weg sei, sein Kiotoziel zu erfüllen. Dieses verlangt, dass der Ausstoß an Treibhausgasen von 1990 bis 2012 um nicht mehr als acht Prozent steigt. Offiziell ist die Emission bis 2002 nur um 4,5 Prozent gestiegen. Allerdings nur deshalb, weil das Protokoll für Australien die Emissionen durch Landrodungen einbezieht, die um 1990 besonders hoch waren – eine Regel, die unter Beobachtern als „australische Klausel“ verschrien ist.

Schaut man wie üblich auf den Ausstoß von Haushalten, Verkehr und Industrie, brachte es Australien bereits auf einen Zuwachs von 22 Prozent, Tendenz steigend. „Dass man ‚on track‘ “ sei, urteilt der Energieexperte Hans-Joachim Ziesing vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, „ist eine schönfärberische Interpretation“. MATTHIAS URBACH