piwik no script img

Archiv-Artikel

Der Ostwestfale fürs Grobe

Ein Parteigeneral muss eine gewisse Ruppigkeit haben. Laurenz Meyer hat sie gehabt

BERLIN taz ■ Jetzt kann Laurenz Meyer von der Möglichkeit Gebrauch machen, mit der er sich so aufreizend gebrüstet haben soll: in die Wirtschaft, zum ehemaligen Arbeitgeber RWE zurückzukehren. Unwahrscheinlich ist allerdings, dass der 56-Jährige dann endlich seine „Abfindung“ zurückzahlen muss. Immerhin hat er einen Teil davon, 40.000 Euro, mittlerweile den SOS-Kinderdörfern versprochen.

Mit 128.000 Euro tröstete der Stromkonzern Meyer dafür, dass er im März 1999 den Job nach 24 Jahren zunächst aufgab, um Chef der nordrhein-westfälischen CDU-Landtagsfraktion zu werden. Freilich bekam Meyer dann doch wieder sein fünfstelliges Monatsgehalt, nachdem die CDU im Mai 2000 die Landtagswahl verlor und Jürgen Rüttgers Meyer den Fraktionsvorsitz abnahm. Dieses Gehalt floss bis zum April 2001 – auch noch nach seinem Wechsel in die Berliner CDU-Zentrale im November 2000.

Das viele Geld, das der CDU-Generalsekretär von RWE bekam, empörte in den vergangenen Tagen auch die konservative Presse sehr. Meyer und seinen Freunden wird es nun leicht fallen, den Rücktritt mit der gern beklagten Medienhatz zu erklären. Andere verweisen darauf, dass Rüttgers – vermeintlich nur aus Wahlkampfgründen – seine rheinischen Truppen gegen den Ostwestfalen mobilisiert hat.

Ein recht spitznasig aussehender Meyer trat gestern Vormittag im Adenauerhaus vor die Presse, um seinen Rücktritt zu erklären. Dürr las er vom Blatt ab, er stelle „nüchtern“ fest, dass „meine Arbeit meiner Partei derzeit mehr schadet als nützt“. Er sei „in die Politik gegangen, weil ich etwas verändern wollte“. Bei seinen Stationen in der Kommunal-, Landes- und schließlich Bundespolitik habe er stets am Anfang nicht geahnt, „dass noch weitere Stationen folgen würden“.

Im Amte des Generalsekretärs schlitterte Meyer vom ersten Tag an zwischen launiger Grobkörnigkeit – von einem Parteigeneral durchaus erwartet – und atemberaubender Klotzigkeit hin und her. Bei seiner Einführung sagte Meyer vor der Presse zu Merkel über seinen Vorgänger Ruprecht Polenz: „Ich habe eine viel stärkere Position als Polenz. Einen weiteren Missgriff können Sie sich nicht leisten.“ Merkel: „Polenz war kein Missgriff.“ Meyer: „Nein, nein, das war ein misslungener Scherz. Mein Freund Polenz war kein Missgriff. Wenn das so verstanden wird, dann entschuldige ich mich.“

Sachkompetenz bewies Meyer dann allerdings ab Februar 2003 in der „Herzog-Kommission“, in der die CDU Sozialreformvorschläge erarbeitete. Exbundespräsident Roman Herzog hatte nur offiziell den Vorsitz – die Kopfpauschale alias Gesundheitsprämie war vor allem Meyers Baustelle.ULRIKE WINKELMANN