Frau Merkel ist im Amt

Der Generalsekretär der CDU Laurenz Meyer tritt zurück, obwohl die Parteichefin ihm noch am Montag das Vertrauen ausgesprochen hat. Nachfolger wird Merkels bisheriger Geschäftsführer Volker Kauder. Wahlkämpfer hoffen nun auf bessere Zeiten

BERLIN taz ■ Der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer ist nun doch noch vom Amt zurückgetreten. Er erklärte dies gestern mit einer „nüchternen“ Abwägung von drei Punkten: „Was nützt der Partei, was nützt Frau Merkel, und was bin ich bereit zu tragen?“

Damit hat Meyer die Konsequenzen daraus gezogen, dass ihm sowohl die Medien als auch die Partei seine guten Verbindungen zum ehemaligen Arbeitgeber, dem nordrhein-westfälischen Stromkonzern RWE, nicht verzeihen wollten. Meyer hatte über die Zahlungen, die er als hauptberuflicher Politiker von RWE erhalten hat, seit Anfang des Monats nur scheibchenweise Auskunft gegeben. Gestern musste ein CDU-Sprecher dann frühere Angaben widerrufen, dass es sich bei den strittigen 250.000 Mark um eine Abfindung handelte. Das brachte das Fass endgültig zum Überlaufen.

Obwohl Meyer zusehends als raffgieriger Energielobbyist dastand, erklärte Parteichefin Angela Merkel noch am Montag, sie halte ihn im Amt. Gestern sagte sie, die Entscheidung am Montag sei zwar „richtig“ gewesen. Es habe seither jedoch eine „Abwägung“ gegeben zwischen dem „Fehler“ Meyers und der „guten Zusammenarbeit“ mit ihm. Nun respektiere sie seine Entscheidung und danke ihm, dass er mit seinem Rücktritt „an die erste Stelle das Wohl der Partei“ setze.

Merkel benannte gestern sofort einen Nachfolger für Meyer, den Baden-Württemberger Volker Kauder. Er hielt ihr bisher als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion den Rücken im Parlament frei. Kauder sagte, nun bereite die Union die Regierungsübernahme 2006 „nicht nur mit dem richtigen Programm, sondern auch mit den richtigen Köpfen“ vor.

Wer in Kauders Amt rutscht, darüber wolle sie „in Ruhe diskutieren“, sagte Merkel. Im Gespräch ist einer der stellvertretenden parlamentarischen Geschäftsführer, Eckart von Klaeden, oder das Präsidiumsmitglied Hildegard Müller. Nach allem, so Merkel, sehe sie „den Wahlkämpfen mit großem Optimismus entgegen“.

Der könnte nun vor allem in Nordrhein-Westfalen wieder erwachen. Der CDU-Spitzenkandidat für die dortige Landtagswahl im Mai 2005, Jürgen Rüttgers, hatte in den vergangenen Tagen Meyer als Belastung bezeichnet, gestern nun verkündete er „Respekt“. Die Länderfürsten und Merkel-Stellvertreter Roland Koch, Christian Wulff und Erwin Teufel hatten seit Montag dröhnend geschwiegen. Gestern sagte Koch: „Ich habe seine Arbeit als Generalsekretär und unsere Zusammenarbeit stets geschätzt.“

Die Regierungskoalition frohlockte unterdessen. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter erklärte: Merkel fehle das Gespür, „rechtzeitig die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“. Die Fraktionschefinnen der Grünen, Krista Sager und Katrin Göring-Eckardt, erklärten, Meyers Rücktritt sei nur durch öffentlichen Druck zustande gekommen. Dies offenbare „bedenkliches Verhalten in einer Partei“, die dem Land eine „scheinheilige Wertedebatte“ aufzwinge.

ULRIKE WINKELMANN

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