: Norwegen will mehr Wale töten
Die Fangquote erreicht ein neues Rekordniveau. Doch die Proteste bleiben schwach
STOCKHOLM taz ■ Norwegens Walfänger dürfen im kommenden Jahr fast ein Fünftel mehr Zwergwale harpunieren als 2004. Die Regierung in Oslo setzte kurz vor Weihnachten die Quote für 2005 auf 797 Tiere (2004: 670) fest – die höchste Zahl seit der Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs des Landes 1993. Damals wurde die Tötung von 296 Walen genehmigt.
Fischereiminister Svein Ludvigsen begründete den jetzigen massiven Sprung mit einem statistischen Argument. Die Quote von 670 Walen liege eigentlich fest, man schlage nur die 127 Wale dazu, welche von der 2003 nicht gefangen worden seien. Was aber allenfalls die halbe Wahrheit ist. Seit 1993 war die genehmigte Quote noch nie vollständig aufgebraucht worden. Ohne dass diese dann dem folgenden Jahr zugeschlagen worden war.
Die Regierung sieht sich vielmehr unter dem Druck der Fischereilobby, welche bereits im Sommer eine Verdreifachung des Fangs gefordert hatte. Und sich Zahlen norwegischer Meeresbiologen zu Eigen macht, welche einen jährlichen Fang von 1.800 Zwergwalen als unschädlich für den Bestand errechnet haben wollen.
Eine solche Quote wäre ein Zurück zu den Fängen in den Sechziger- und Siebzigerjahren, bevor die Internationale Walfangkommission (IWC) wegen drohender Ausrottung ein totales Fangverbot verhängt hatte. Als Argument für eine Ausweitung der Waljagd muss dabei sogar die Krise des Kabeljaubestands herhalten. Jeder getötete Wal „rette“ fünf Tonnen Kabeljau oder Hering heißt es in einer Parlamentsvorlage. Der WWF in Norwegen sieht hingegen den Menschen als Ursache für den schwindenden Fischbestand.
Norwegen ist derzeit das einzige Land, welches sich offen der IWC widersetzt und kommerziellen Walfang betreibt. Japan und Island, die beiden anderen Walfangländer, tun dies unter dem Deckmantel des „wissenschaftlichen Fangs“. Dennoch gehören die massiven internationalen Proteste der Vergangenheit an. Mittlerweile begnügt sich der Widerstand der Gegner mit obligatorischen Presseerklärungen.
REINHARD WOLFF