Blair erwägt Truppenentsendung nach Darfur

Britischer Zeitungsbericht: 3.000 britische Soldaten sollen in Sudan eingreifen. Regierung dementiert nur halb

BERLIN taz ■ Großbritannien erwägt eine Militärintervention in der sudanesischen Kriegsregion Darfur. Das Büro des britischen Premierministers Tony Blair wies zwar gestern Berichte vom Vortag zurück, wonach im kommenden Jahr 3.000 britische Soldaten eingesetzt werden sollten. Aber das Dementi fiel halbherzig aus: Eine Sprecherin Blairs sagte, ihr sei eine Truppenanfrage an Großbritannien nicht bekannt; eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte, es gebe „im Moment“ keine Pläne zur Truppenentsendung.

Die Zeitung Independent on Sunday hatte am Sonntag unter Berufung auf ungenannte Quellen berichtet, Blair habe die britische Armeeführung angeordnet, Pläne vorzubereiten, um kurzfristig bis zu 3.000 Soldaten nach Darfur schicken können. Dort hat Bürgerkrieg seit Frühjahr 2003 über 70.000 Tote gekostet und 1,8 Millionen Vertriebene hervorgebracht. Die Intervention sei noch nicht beschlossen, solle aber zu Jahresbeginn 2005 auf höchster Ebene diskutiert werden und eine Feuerprobe für die neue „schnelle Eingreiftruppe“ der EU darstellen, hieß es. Großbritannien wolle so verhindern, dass Frankreich die Führung der militärischen EU-Eingreifkapazitäten in Afrika übernehme. Am 1. Januar würden britisch-französische Manöver zur Erprobung eines solchen Kriseneinsatzes beginnen.

Bereits im Sommer hatten britische Militärkreise die Möglichkeit einer Truppenentsendung nach Darfur für den Fall eines Scheiterns der dort stationierten afrikanischen Friedenstruppe ventiliert. Die neue Interventionsandeutung kommt nun nach dem Scheitern des jüngsten Vermittlungsversuchs der Afrikanischen Union (AU) zwischen Sudans Regierung und den Rebellen in Darfur. Diese forderten vor Weihnachten ein UN-Eingreifen in dem Kriegsgebiet. Die AU-Beobachtertruppe in Darfur gilt als ineffektiv; sie ist noch nicht einmal 1.000 Mann stark, trotz einer Sollstärke von 3.200, und hat kein Eingreifmandat. Im Laufe dieses Monats hat sich die militärische und humanitäre Lage in Darfur erneut drastisch verschlechtert.

Ein Berater von Sudans Präsident Omar al-Baschir sagte, das seit Jahren erwartete Friedensabkommen zwischen der sudanesischen Regierung und den SPLA-Rebellen des Südsudan werde am 10. Januar in Kenias Hauptstadt Nairobi unterzeichnet werden. Im November hatten die beiden Konfliktparteien den Abschluss ihrer Friedensverhandlungen bis Jahresende zugesichert. DOMINIC JOHNSON