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Archiv-Artikel

Beipackzettel für fünf weitere Regierungsjahre

Aus der Schreibwerkstatt: NRW-SPD hat ihr Wahlprogramm ins Netz gestellt. Auf 20 Seiten listet die Partei ihre Verdienste aus 38 Regierungsjahren auf und formuliert Wahlkampf-Stanzen: „NRW muss in guten Händen bleiben“

DÜSSELDORF taz ■ NRW muss „menschlich bleiben“, sollte „den Tatsachen ins Auge sehen“, befindet sich aber auf „Weltniveau“ und darf sein „Herz nicht verlieren“. Auf diese sprachliche „Wollmilchsau“ lässt sich der Programmentwurf der NRW-SPD zur Landtagswahl am 22. Mai 2005 reduzieren. „Dieses Programm werden viele Menschen lesen“, sagt SPD-Generalsekretär Michael Groschek über die 20-seitige Wahlkampf-Plattform seiner Partei. Die Agenda für die nächsten Jahr habe man klar und knapp formuliert und ins Internet gestellt, um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger anzusprechen, so Groschek.

Das übliche Schicksal eines Wahlprogramms, nicht gelesen zu werden, soll den Beipackzettel für fünf weitere Regierungsjahre nicht ereilen. Angeblich hat Ministerpräsident Peer Steinbrück im Landesvorstand darauf gedrängt, kein übliches Wahlprogramm in Romanlänge zu verabschieden. „In den nächsten Wochen werden die Mitglieder der SPD Gelegenheit haben, über das Programm zu diskutieren“, sagt eine Parteisprecherin. Die endgültige Version solle auf dem Bochumer Landesparteitag im Februar verabschiedet werden.

„Die Zukunft gewinnen, das Herz nicht verlieren“ – unter diesem Motto feiern die Sozialdemokraten in der Präambel ihre 38 Regierungsjahre. NRW sei ein „Land mit Tradition und Kraft“, heißt es. „Wir haben pulsierende Städte und wundervolle Landschaften.“ Handwerk, Industrie und Dienstleistung erreichten „Weltniveau“. Die Sozialdemokraten hätten im größten Bundesland gezeigt, „wie ein Land Zukunft gestaltet, ohne sein Herz zu verlieren“.

Wie jedes Wahlprogramm enthält der SPD-Entwurf auch Wahlversprechen. Ein Schwerpunkt ist die Bildungspolitik: Das Betreuungsangebot für alle Kleinkinder unter drei Lebensjahren soll „Schritt für Schritt“ komplettiert werden. Bis 2007 will man 200.000 Plätze in Offenen Ganztagsgrundschulen schaffen. Studiengebühren „für das Erststudium“ würden auch weiterhin nicht erhoben. Und das Verkehrschaos in NRW soll ein Ende haben: „Die wichtigsten Autobahnen werden bis 2010 sechsstreifig ausgebaut.“ Der Rest des Programms beschränkt sich auf eine Zustandsbeschreibung der schwierigen wirtschafts- und finanzpolitischen Lage.

Das wichtigste Ziel der Genossenschaft steht am Ende des Programms: „Wir wollen, dass NRW in guten Händen bleibt. Wir kämpfen dafür, dass Peer Steinbrück Ministerpräsident bleibt.“

MARTIN TEIGELER