: Staatsanwaltschaft braucht ‘ne lange Bank
Weil es in der Kölner Justiz zu wenig Personal gibt, konnten in diesem Jahr nicht alle Parteispendenskandale und Bestechungsfälle abgearbeitet werden. Und weil die anonymen Beschuldigungen zunehmen, nimmt die Arbeit zu
KÖLN taz ■ Kölns Staatsanwaltschaft muss im neuen Jahr viel abarbeiten. Wegen Personalmangels habe die Korruptionsabteilung die zahlreichen Verfahren nicht zeitnah zu einem Abschluss bringen können, erklärte ein Behördensprecher. So wurden im Kölner Müllskandal zwar schon die ersten Prozesse mit überwiegend milden Strafen beendet (unter anderem Freispruch für Kölns Ex-SPD-Ratsfraktionschef Norbert Rüther, Bewährungsstrafen für den SPD-Politiker Karl Wienand und für Sigfrid Michelfelder, Ex-Geschäftsführer beim Anlagenbauer Steinmüller). Das ganze Dickicht der Beschuldigungen wurde aber noch nicht aufgearbeitet. So wartet der SPD-Landtagsabgeordnete Hardy Fuß aus dem Erftkreis immer noch auf die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen ihn einstellt oder Anklage erhebt.
Unruhe herrscht bei den großen Volksparteien. Der SPD-Spendenskandal wird bald die Gerichte beschäftigen, und die Landtagsabgeordnete Anke Brunn hofft auf ein baldiges und glimpfliches Ende der Verdächtigungen gegen sie zur umstrittenen Finanzierung eines Wahlkreisbüros.
Richtig zittern muss dagegen die CDU. Zwar wurde das Verfahren gegen den Bundestagsabgeordneten Rolf Bietmann kürzlich eingestellt. Doch gegen den Landtagsabgeordneten und ehemaligen Kölner CDU-Chef Richard Blömer wird in drei Verfahren ermittelt, unter anderem wegen Verstoßes gegen das Parteienfinanzierungsgesetz. Mehrere Unions-Mitglieder sind in diesem Zusammenhang auch ins Visier geraten, weil sie möglicherweise fingierte Spendenquittungen angenommen haben könnten.
Dann ist da noch das neue Verfahren gegen Oberbürgermeister Fritz Schramma im Plakat-Streit. Ob gegen den Sozialpolitiker Hermann-Josef Arentz ein Verfahren wegen seiner Gehaltsaffäre eingeleitet wird, ist unterdessen genauso unklar wie die Frage, was mit CDU-Chef Walter Reinarz passiert, der seinen Dienstwagen, der ihm als KVB-Vorstandsmitglied zusteht, auch für Parteizwecke genutzt haben soll. In Behördenkreisen geht man eher davon aus, dass sich dieser Vorwurf entkräften lässt. Weitere Verfahren betreffen immer noch die mögliche Bestechung bei Bauprojekten des Wohnungsunternehmens GAG.
Neben der Personalknappheit gibt es einen weiteren Grund für die langsame Abarbeitung der Fälle: Es kommen immer wieder neue dazu, die geprüft werden wollen. Denn die Zahl der anonymen Anschuldigungen hat nach Angaben der Justiz deutlich zugenommen. Frank Überall