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Archiv-Artikel

Baustelle Bremen-City goes West

Rund ums Stephani-Viertel wird gebuddelt: Für Radio Bremen ist das alte Parkhaus an der Schlachte verschwunden, für die Verkehrsanbindung in die Hafenreviere der Grünzug an der B 75

bremen taz ■ Sicherlich bald 20 Jahre lang war das Faulenquartier eine Problemzone Bremens. Geschäfte schlossen – doch nun scheint der Durchbruch zu gelingen. Gestern machte Bremens Stadtbaudirektor Uwe Bodemann eine kleine Baustellenführung.

Am eindrucksvollsten ist die große Baulücke an der Schlachte. „Hinter der Mauer“ heißt die Postadresse, um die es geht – dort lag bislang das Parkhaus mit dem Namen „Diepenau“. Es ist abgerissen worden, im Frühjahr 2005 soll dort die Arbeit am Neubau losgehen. Die städtebauliche Erfolgsgeschichte an der Schlachte zwischen Martinikirche und Bürgermeister Smidt-Brücke legt schon länger nahe, die Wasserkante zu verlängern – bis zum Stephaniviertel soll in ein paar Jahren die Flaniermeile gehen. Mit „Onkel Ho“ hat sich schon eine Gaststätte schon vorgewagt, im Mai soll die neue Jugendherberge eröffnen, ein Art-Hotel ist im Bau und plant das Opening für den Juni. Das Eis scheint gebrochen, die Ecke wird für Investoren interessant – die Geldanleger von AWD wollen ein altes Bürohaus an der verlängerten Schlachte beziehen und eventuell sogar aufstocken. Sowohl im Erdgeschoss des Radio-Bremen-Gebäudes wie im neuen „Jugendhotel“ soll Gastronomie angeboten werden. Wenn in zwei oder drei Jahren das Pflaster davor schicker aussieht, wird an lauen Sommerabenden das Volk eine halbe Meile abzuschreiten haben, um zu sehen und gesehen zu werden.

Der Radio-Bremen-Komplex wird von der Schlachte bis an die Faulenstraße reichen. Um die architektonische Vielfalt des neuen „Stephani-Viertels“ nicht zu zerstören, sollen ganz unterschiedliche architektonische Entwürfe für die verschiedenen Gebäude, die von Radio Bremen genutzt werden, gelten. Der alte Parkplatz hinter dem früheren Saturn-Gebäude ist noch eine Ausgrabungsstätte des Landesdenkmalpflegers. In einigen Wochen wird hier das Redaktionsgebäude für Radio Bremen gebaut, – „ein Bügeleisen“, sagt Bodemann. Die Form des Platzes lässt eine praktisch-rechteckige Bebauung nicht zu, und die Stadt hat darauf bestanden, dass die vorhandenen Straßen erhalten bleiben. So müssen die Mitarbeiter von Radio Bremen dann über Brückenverbindungen von dem einen Haus ins andere gehen.

Der vordere Gebäudekomplex, bis vor drei Jahren von Saturn-Hansa genutzt, soll die Fernseh-Produktionsstätte werden, die eine gemeinsame Tochter von Radio Bremen und der Bavaria-Gruppe mieten soll. Die Entscheidung für einen Investor, der das alte Elektronik-Kaufhaus umbaut und vor allem die Fassade modernisiert, steht noch aus. Neben der Rentenkasse von Radio Bremen gibt es auch einen Interessenten aus Hamburg. Das hintere Drittel soll von Radio Bremen direkt genutzt werden, das Gebäude wird aufgestockt, erklärte Bodemann gestern. Geradezu idyllisch steht neben dem hässlichen Saturn-Klotz das alte, denkmalgeschützte Haus der Bremer Architektenkammer - um dieses Nebeneinander einigermaßen ansehnlich zu lösen, bedarf es noch großer architektonischer Phantasie.

Bausenator Jens Eckhoff wollte in seinem mitternächtlichen Kneipen-Kompromiss mit dem Intendanten von Radio Bremen den Sender noch zwingen, ca. 1000 Quadratmeter Bürofläche in dem alten „Bamberger“-Kaufhaus zu nutzen, das stadtauswärts gesehen rechts an der Faulenstraße und direkt gegenüber dem Saturn-Gebäude liegt. Für Radio Bremen macht das wenig Sinn, aber offenbar glaubte niemand mehr an die Idee eines “Gründerzentrums“ der Medienindustrie, das für dieses historische Kaufhaus einmal im Gespräch war. So könnte die Volkshochschule eine Chance haben, das Gebäude zu bekommen, wenn der Kultursenator denn zahlen will. Städtebaulich gesehen jedenfalls wäre es ein wichtiger Baustein zur Entwicklung des alten toten Faulenquartiers zu einem pulsierenden Stephani-Viertel. Von hier aus soll nämlich dann der Brückenschlag in die alten Hafenreviere gelingen, der als eine Unterführung unter der B 75 hindurch gerade gebaut wird. Auch die Straßenbahn soll hier abbiegen und an der Hans-Böckler-Straße wieder auf die gewohnte Trasse einbiegen. Wenn das scheußliche Eduscho-Hochregallager im Jahre 2008 verschwinden würde, dann wäre die Öffnung der Stadt nach Westen hin vollkommen. K. Wolschner