MATTHIAS URBACH über DER PERFEKTE KAUF
: Die Torwächter des Bösen

Das ist Service: Immobilienmakler drängen ihre Dienstleistung auf, obwohl sie keiner haben will

Der Mann im dunklen Anzug wirkt etwas förmlich, dafür schmeißt er schon die dritte Lokalrunde. So billig war ich lange nicht mehr aus. Ich zücke einen Fünfer und winke den Barmann heran. Doch der legt mir einen langen Zettel hin: „Das macht 214 Euro.“ Ich stutze. „Nein, nein, sie irren sich, der Herr da drüben hat die Runden geschmissen.“ Ich deute auf den Schlipsträger, der nun zu mir herübergrinst. „Oh nein, wo denken Sie hin, der Mann ist doch Vermieter“, erwidert der Barmann und fixiert mich: „Jetzt zahl gefälligst!“

Okay, das ist mir noch nicht passiert – aber wundern würde es mich nicht. Schließlich haben mir Vermieter im Verbund mit Maklern mit demselben Argument schon einige tausend Euro aus der Tasche gezogen – nicht für Bier, aber für Wohnungen.

Und offenbar findet keiner was dabei. Kein Sheriff tritt auf den Plan und benennt diese Kumpanei als das, was sie ist: eine Achse des Bösen.

In der Theorie soll der Makler neutraler Mittler sein, praktisch ist er ein vom Vermieter eingeschleppter Parasit. Stets gibt der Vermieter den Auftrag an den Makler: Der inseriert, wartet auf Interessenten – und lässt sich seinen Aufwand dann vom Mieter bezahlen.

Das funktioniert nach dem Prinzip der Erpressung: Entweder du beauftragst mich offiziell als Makler und zahlst Kourtage – oder du kriegst die Wohnung nicht. Faktisch tut der Makler in der Regel nichts für den Mieter, als die Adresse des Vermieters zu nennen – doch vor dem Gesetz genügt das, um zwei Monatsmieten Kourtage abzuzocken.

Einmal habe ich versucht, den Spieß umzudrehen. Wenn die Kourtage schon so sicher wie der Tod ist, dann sollte der Makler wenigstens für mich arbeiten. Also sprach ich eine Maklerin auf einer Besichtigung an, ob sie mir nicht eine Wohnung suchen wolle. Erst tat sie so, als hätte sie mich nicht richtig verstanden. Als ich nachhakte, erklärte sie, dass sie „gerade nichts Passendes“ hätte. Aber sie solle doch für mich suchen, insistierte ich. Vergebens. Auch zwei weitere Makler, die ich auf Besichtigungen zur Seite nahm, winkten ab. „Dass ein Makler für einen Wohnungssuchenden eine Wohnung sucht“, erzählte mir der Sprecher des Deutschen Mieterbundes, „ist eher ungewöhnlich.“

Wie sicher sich diese kriminelle Vereinigung fühlt, zeigt das Beispiel meines Freundes Franz. Der suchte von Hamburg aus eine Wohnung in Berlin und reagierte auf ein Inserat im Tip. Eine Frau hatte sich mit ihrer Hausverwaltung geeinigt, dass sie selbst einen Nachmieter stellt. Franz gefiel die Wohnung und machte sich auf den Weg zum Verwalter. Der erklärte, alles sei okay, für den Vertrag müsse er nur eine Tür weiter gehen: zum Makler, der regele die Details mit dem Vermieter. Gegen Kourtage, versteht sich. Nun stand Franz vor der klassischen Frage: Soll ich zahlen oder verzichte ich nach langwieriger Suche und Anreisekosten auf eine Wohnung, die mir gefällt? Also zahlte er.

Es gibt nur einen Fall, in dem man sich gegen solche Abzocke wehren kann: wenn Makler und Hausverwaltung oder Vermieter wirtschaftlich verflochten sind. Dies verbietet das Wohnungsvermittlungsgesetz. In Franz’ Fall war das leicht nachzuweisen: Zwischen den beiden Büros gab es eine Verbindungstür. Also entschloss sich mein Kumpel, der ohnehin als Anwalt arbeitet, gegen den Makler auf Rückgabe der Kourtage zu klagen. Das Verfahren endete mit einem Vergleich vor dem Amtsgericht: Franz bekam die Hälfte der Kourtage zurück. Er hätte wohl alles zurückbekommen, wäre die Richterin nicht der Meinung gewesen, Franz hätte als Anwalt das Problem vorher klar sein müssen.

Das Absurde ist: Letztlich kann es einem völlig egal sein, ob Makler und Vermieter wirtschaftlich verflochten sind. Entscheidend ist, dass man überhaupt zahlen muss, praktisch ohne Gegenleistung. In den USA etwa zahlt natürlich der Vermieter den Makler. Und weiß nicht auch der deutsche Volksmund: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen? Doch die Makler-Seuche wird hingenommen, als käme sie über uns wie eine Krankheit.

Fazit: Wer kann, der klage gegen seinen Makler.

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