: Börsenhandel mit schmutziger Luft
Im Januar startet der Verkauf von Abgasrechten an der Leipziger Strombörse. Emissionshandel soll dem Klimaschutz dienen und helfen, den Vertrag von Kioto einzuhalten. Wer eine Tonne Kohlendioxid ablassen will, bezahlt 8,50 Euro
FREIBURG taz ■ Die Umweltpolitik startet zum Jahreswechsel in eine neue Ära: In Europa beginnt der Emissionshandel gemäß dem Kioto-Protokoll. In Deutschland fallen unter das neue Instrument 1.849 Industrieanlagen wie Kraftwerke und große Fabriken.
Ab 2005 dürfen sie nur noch so viel Kohlendioxid ausstoßen, wie sie an Emissionszertifikaten vorweisen können. Zum Start erhielten die Betreiber der betreffenden Anlagen in den vergangenen Wochen vom Umweltbundesamt eine Grundausstattung an CO2-Zertifikaten zugeteilt, die sich an den Emissionen der Jahre 2000 bis 2002 bemisst.
Firmen, die nun ihren Ausstoß von Abgasen verringern, können die ungenutzten Zertifikate am Markt verkaufen. Wer mehr Kohlendioxid ausstößt, als er an Papieren besitzt, muss entsprechend Emissionsrechte zukaufen – ansonsten drohen Strafzahlungen. Mit diesem Instrument soll der Ausstoß von Kohlendioxid auf marktkonforme Weise reduziert werden. Denn nach ökonomischer Logik wird beim Emissionshandel das CO2 jeweils dort eingespart, wo dies am billigsten möglich ist.
Notwendig für einen verlässlichen und damit auch in ökologischer Hinsicht effizienten Markt ist eine leistungsfähige Handelsplattform. Derzeit wird in den europäischen Ländern der Kohlendioxidhandel noch komplett außerbörslich abgewickelt, doch überall sitzen die Börsen bereits in den Startlöchern. Der international erste Börsenhandel mit Klimagasen wurde im Dezember vor einem Jahr in den USA an der Chicago Climate Exchange aufgenommen – obwohl die US-Regierung Hauptgegner des Kioto-Protokolls ist.
In Deutschland wird die Strombörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig in diesem Januar den Spothandel mit Emissionszertifikaten starten. Im Rahmen einer täglichen Auktion wird dann jeweils um 10 Uhr ein Preis für die Emissionsrechte ermittelt, der sich aus den Kauf- und Verkaufsaufträgen ergibt. Der Handel wird auf dem etablierten Handelssystem Xetra stattfinden, denn die Zertifikate sind aus ökonomischer Sicht ganz gewöhnliche Wertpapiere. Wie jede Aktie werden daher auch die Emissionsrechte eine Wertpapierkennung haben. Sie lautet: P1EA. Das Kürzel steht für die „Periode 1“ des Kioto-Protokolls, womit die Jahre 2005 bis 2007 gemeint sind, und es steht für „EU-Allowance“, also für europäische Emissionsrechte.
Die EEX hat sich dem neuen Handel schrittweise angenähert. Bereits seit Ende Oktober veröffentlicht die Börse an jedem Handelstag einen Referenzpreis für die Tonne Kohlendioxid. Dieser Preis wird errechnet aus außerbörslichen Kontrakten, die von acht großen Energiehändlern im Vorgriff auf den Starttermin des Emissionshandels am 1. Januar bereits getätigt und täglich an die EEX gemeldet werden. Bei rund 8,50 Euro lag in den vergangenen Wochen der Preis für eine Tonne CO2.
In der ersten Handelsperiode werden nun Zertifikate gehandelt, die die Emissionen der Jahre 2005 bis 2007 betreffen. Eine zweite Periode von 2008 bis 2012 schließt sich an. Ab 2013 dann soll der Emissionshandel vollständig etabliert sein. In diesen Zeiträumen wird sich speziell die Zuteilung der Zertifikate noch erheblich ändern. In der aktuellen ersten Runde wurden alle Emissionsrechte noch kostenlos zugeteilt. In der zweiten Phase ab 2008 soll dies nur noch eingeschränkt geschehen, und ab 2013 werden die Emissionsrechte möglicherweise komplett im Rahmen einer Auktion verkauft. Dann müssten Großverbraucher ihr gesamtes Kontingent am Markt einkaufen, wodurch die Umweltbelastung zu einem merklichen betriebswirtschaftlichen Kostenfaktor wird.
BERNWARD JANZING