: Aufständische in Peru legen Waffen nieder
Nach drei Tagen scheint die Erhebung gegen Präsident Alejandro Toledo vorbei. Die Anführer erwartet Gefängnis
PORTO ALEGRE taz ■ Das jüngste Abenteuer der „ethnocaceristischen Bewegung“ in Peru ist offenbar zu Ende. Gestern Mittag Ortszeit wollten die 160 Aufständischen, die am Neujahrstag eine Polizeistation in der Andenstadt Andahuaylas überfallen hatten, die Waffen niederlegen. Dazu entschloss sich ihr Anführer Antauro Humala, nachdem seine Leute am Sonntagmorgen vier Polizisten erschossen hatten. Zu diesem Zeitpunkt war die Polizeistation bereits von 250 Uniformierten aus Lima umringt und der Ausnahmezustand über die Region Apurímac verhängt.
Zuvor hatte der Exmajor noch großspurig den Rücktritt von Präsident Alejandro Toledo gefordert. Toledo sei ein „Verbrecher mit kriminellen Ministern“, sagte Humala und sprach sich gegen chilenische Investitionen sowie die vor Tagen angeordnete Entlassung von 269 Militärs aus. Der Prominenteste war sein älterer Bruder und Chef der Ethnocaceristas, Ollanta Humala, zuletzt Militärattaché der peruanischen Botschaft in Südkorea. Im Oktober 2000 hatte er von einer Kaserne nahe der chilenischen Grenze aus einen Putschversuch gegen den damaligen Staatschef Alberto Fujimori gestartet und war später begnadigt worden.
Ähnlich wie ihr Vorbild, Venezuelas Präsident Hugo Chávez, pflegen die Ethnocaceristas, die sich nach einem Kriegshelden aus dem 19. Jahrhundert benannten, einen globalisierungskritischen Diskurs: „Ausländische Firmen beuten unsere Rohstoffe, unseren Fischbestand, unser Holz aus. Ihnen gehören unsere Firmen, unsere Flughäfen, unsere Straßen. Uns bleiben nur Elendslöhne“, sagte 2003 der Ideologe Antauro Humala, der die 14-tägig erscheinende Gazette Ollanta leitete. Er schwärmte von einem indigenen Vaterland, das neben Peru, Ecuador und Bolivien den Norden Chiles und den argentinischen Nordwesten umfassen solle, und forderte die Todesstrafe für korrupte Politiker. Bruder Ollanta liebäugelte derweil mit einer Präsidentschaftskandidatur 2006.
Tausende von ehemaligen Soldaten bilden den harten Kern der Bewegung, deren Rückhalt allerdings begrenzt ist. Zwar gingen in Arequipa, Ilave und Tacna hunderte Anhänger Humalas auf die Straße, doch in Ayacucho distanzierte sich eine Gruppe vom gewalttätigen Vorgehen Antauro Humalas. Die Rebellion, die Ollanta billigte und schließlich abblies, sei undurchdacht und unseriös gewesen, meint der linke Exsenator Rolando Breña Pantoja, „ein Familienabenteuer ohne politisches Gewicht“.
Antauro und seinen Gefolgsleuten, die 17 Polizisten als Geiseln genommen hatten, droht eine 20-jährige Haftstrafe. Die politischen Ambitionen seines Bruders haben einen empfindlichen Rückschlag erlitten. Aufatmen konnte hingegen Präsident Toledo, dessen Zustimmungsraten sich zuletzt im einstelligen Bereich bewegt hatten. Die „Korruption, Nachlässigkeit und Frivolität“ der Regierung seien der ideale Nährboden für das Projekt der Humala-Brüder gewesen, sagte Mercedes Cabanillas, Vorsitzende der größten Oppositionspartei Apra. GERHARD DILGER