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Archiv-Artikel

anonyme anzeigen Mit offenem Visier kämpfen

Dass die Staatsanwaltschaft nun doch nicht gegen den Kölner CDU-Vorsitzenden Walter Reinarz ermitteln will, ist in einer Zeitung nur eine kleine Meldung wert – im Gegensatz zu der Nachricht, dass Ermittlungen aufgenommen worden sind. Eine solche Geschichte bekommt stets viel Platz eingeräumt. Wie Medien funktionieren, wissen auch diejenigen, die anonym Anzeige gegen Amts- und Mandatsträger in Köln erstatten.

Kommentar vonSebastian Sedlmayr

In den meisten Fällen wird auch die Presse mit Andeutungen über eventuell korruptives Verhalten versorgt – damit berichtet wird. Walter Reinarz, Hermann-Josef Arentz, Fritz Schramma, Norbert Burger. Die Liste Kölner Politiker, die nach einem Tipp an Presse oder Fahnder in Schwierigkeiten kamen, ließe sich fortsetzen. Sie ist nicht exklusiv CDU-Mitgliedern vorbehalten, wie man nach Wochen interner Unions-Intrigen meinen könnte.

Die Formulierungen in anonymen Anzeigen sind oft schwammig. „Man sollte da mal nachsehen“, heißt es. Oder: „Ist das eigentlich rechtmäßig?“ Die Absicht liegt auf der Hand: Dem politischen Gegner schaden, selbst unerkannt bleiben. Dabei kommen die Schüsse vor den Bug relativ erfolgreicher Politiker nicht selten aus der eigenen Partei. Der Spruch „Wer Parteifreunde hat, braucht keine Feinde“ ist bekannt und hat nach wie vor Gültigkeit.

Die einzelnen Fälle sind nicht leicht vergleichbar. Während beispielsweise Walter Reinarz mit einem Paket von Unterlagen vor die Presse trat, um seine Unschuld in der scheinbaren „Dienstwagenaffäre“ zu beweisen und so das Feuer, das ihn bedrohte, schnell austreten konnte, musste sein Parteikollege Hermann-Josef Arentz sein Amt aufgeben. Dabei war die Tatsache, dass er auf der RWE-Gehaltsliste stand, längst bekannt und sogar im Landtagshandbuch veröffentlicht. Nur ist offenbar kein Journalist auf die Idee gekommen, aus der Tatsache einen Skandal zu machen – bis, zum richtigen Zeitpunkt vor der Wahl der CDU-Sozialausschüsse, der Wink kam, da mal nachzusehen.

Für die Öffentlichkeit ist es wichtig zu wissen, wer von wem bezahlt wird. Nur so können Wähler sich eine Meinung über diejenigen bilden, denen sie ihre Stimme geben – oder verweigern. Insofern haben politische Schlammschlachten wie die um Arentz oder auch um OB Schramma einen sehr erfreulichen Effekt: Sie tragen zu etwas mehr Transparenz im politischen Geschäft bei. Auch Rücktritte wie der des Unions-Abgeordneten Arentz sind gute Signale. Denn sie zeigen, dass Fehlverhalten zum Fall führen kann.

Die anonyme Anzeige als Methode ist allerdings eine Unsitte, die höchstens dem zu verzeihen ist, der im Fall einer Enttarnung in Existenz bedrohende Schwierigkeiten kommt. Wer aber einen politischen Gegner bekämpfen will, sollte dies im öffentlichen Raum mit offenem Visier tun und auch die Folgen des Angriffs tragen. Presse und Staatsanwaltschaft für billige Effekthascherei zu instrumentalisieren, zeugt nicht eben von politischer Reife.