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Archiv-Artikel

Schienen werden teures Pflaster

BVG- und S-Bahn-Kunden sollen für Monats- und Jahreskarten ab dem Sommer kräftig drauflegen, auch Schülertickets droht Verteuerung. Keine Veränderungen bei Preisen der Einzelfahrscheine

VON ULRICH SCHULTE

Treue Bus- und Bahnfahrer werden im Sommer noch mehr als sonst ins Schwitzen kommen – nämlich vor Wut. Denn vor allem Stammkunden sollen nach den Vorstellungen von BVG und S-Bahn kräftig draufzahlen. Der Fahrgastverband IGEB hat gestern Tariferhöhungen vorgelegt, auf die sich die beiden Unternehmen offenbar geeinigt haben.

Monatskarten sollen laut IGEB fast 5 Prozent mehr kosten, bei der Jahreskarte droht gar ein saftiger Zuschlag von knapp 7 Prozent (siehe Liste). Bei Firmentickets soll der Rabatt von derzeit maximal 15 auf 5 Prozent sinken. Keine Veränderungen gibt es für Gelegenheits- und Spontanfahrer: Die Preise für Einzelfahrscheine und Tageskarten bleiben weitgehend stabil. Am 1. August steht die nächste Tarifsteigerung im öffentlichen Nahverkehr an.

Weder der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) noch die BVG oder die S-Bahn äußerten sich gestern zu den Ticketaufschlägen. Entschieden sei noch nichts: Dies passiere erst Anfang Februar, betonte eine VBB-Sprecherin. Dann diskutiert der Aufsichtsrat die Tarifvorschläge an die Genehmigungsbehörde. Der Verbund muss derzeit alle Vorstellungen der Verkehrsunternehmen in Berlin und Brandenburg zu einem Paket schnüren.

Der IGEB-Vorsitzende Christfried Tschepe kritisierte, dass vor allem die Stammkundschaft leiden soll: „Die geplanten Erhöhungen sind beträchtlich – sie liegen weit über der Inflationsrate von 2,3 Prozent.“ Die zur Disposition stehende Verteuerung des Schülertickets sei „unverantwortlich“ und „ein herber Schlag für Familien“. Bei der BVG denkt man jedoch über eine Alternativvariante nach (siehe Kasten).

Die Forderung des Fahrgastverbandes ist simpel: Statt den Kunden die Konsequenzen ihrer dramatischen Finanzlage aufzudrücken, sollen die Verkehrsunternehmen bei sich selbst knapsen – auch dort, wo es schmerzt, nämlich beim Personal.

Die BVG müssten hier mindestens 100 Millionen Euro Kosten einsparen, sagte Tschepe. Gerade in der Verwaltung gebe es einen „üppigen Personalüberschuss“. Um das Niveau von Verkehrsunternehmen großer westdeutscher Städte zu erreichen, müssten die BVG-Gehälter um mindestens 10 Prozent sinken. Nur so könne das Unternehmen bis Ende 2007 wettbewerbsfähig werden. Dann muss der Senat den Bus- und Bahnbetrieb EU-weit ausschreiben. Tschepe: „Im Moment fällt die BVG nach oben völlig aus dem Rahmen.“

IGEB-Vize Matthias Horth sieht in Logistik und Organisation reichlich Luft: Jeder Busfahrer müsse zum Beispiel bei Schichtbeginn erst zum Betriebshof kommen – egal, ob er dort einen Bus abhole oder nicht. Die Fahrt zur Einsatzstation ist dann bezahlte Arbeitszeit. „Wenn die Meldung per Handy erfolgte, könnte man locker jeden zehnten Fahrer einsparen – ohne dass der Kunde dadurch Nachteile hätte“, sagte Horth.

Die Tariferhöhungen sind ein alljährliches Procedere. Im Unternehmensvertrag zwischen BVG und dem Land ist geregelt, dass die Verkehrsbetriebe jährlich Erhöhungen von durchschnittlich 3 Prozent verhandeln können. Den letzten Aufschlag gab es im April vergangenen Jahres: Seitdem funktioniert etwa der Einzel- als Einbahnfahrschein – und gilt nur noch für einen Weg ohne Rückfahrt.