piwik no script img

Archiv-Artikel

Kriegerische Zustände

betr.: „Tauwetter in Nahost“, Kommentar von Anne Ponger, taz vom 28. 12. 04

Die allgemeine Sprachregelung im Westen, dass nach dem Tod von Arafat nun Tauwetter ausgebrochen sei bzw. sich ganz neue Chancen ergeben, geht von der falschen Behauptung aus, dass Arafat das Hindernis zum Frieden gewesen ist. Das ist offensichtlich falsch. Der Grund für die nach wie vor herrschenden kriegerischen Zustände, zu denen laufende Militäraktionen in den besetzten Gebieten gehören, ist die Besetzung der letzten 20 % des ehemaligen Mandatsgebietes Palästina. Die Forderung der Palästinenser, diese 20 % zurückzuerhalten, um einen Staat zu gründen, als Maximalforderung zu bezeichnen, negiert die Entwicklung seit 1948. Die Freilassung der palästinensischen Gefangenen ist in der Roadmap vereinbart, dieser Verpflichtung ist Scharon aber nicht nachgekommen. Die Entlassung von ca. 100 von 7.000 Gefangenen ist deshalb keine versöhnliche, sondern eine eher zynische Geste. Israel behindert den Wahlkampf zu der so bejubelten Präsidentschaftswahl massiv, es hat gerade Mustafa Barghuti verhaftet, allerdings inzwischen wieder freigelassen. Der ernsthaftere Kandidat Marwan Barghuti sitzt im Gefängnis. Die entscheidende Begründung für den Rückzug der Israelis aus Gaza ist im Übrigen die Zielsetzung, ca. die Hälfte des Westjordanlandes endgültig zu okkupieren, keine gute Ausgangslage also für eine friedliche Lösung. PETER FREUDENTHAL, Hamburg