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Hamburg soll Zwangsverabreichung von Brechmitteln nach Bremer Todesfall stoppen. GAL reicht Antrag ein

„Jetzt muss Schluss sein“, sagt Antje Möller. Die Verabreichung von Brechmitteln unter Zwang an mutmaßliche Dealer in Hamburg müsse umgehend beendet werden, fordert die innenpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion. Gegenüber der taz kündigte sie gestern an, einen entsprechenden Antrag in die Bürgerschaft einzubringen. Der jüngste Todesfall in Bremen (taz nord berichtete) habe gezeigt, „dass diese Methode unverantwortlich und gefährlich ist“, so Möller.

Durch das Einflößen von Brechmitteln im Rechtsmedizinischen Institut in Hamburg sollen des Rauschgifthandels Verdächtige zum Ausspucken eventuell verschluckter Drogen gezwungen werden. In 69 Fällen wurde diese Methode zwischen April und November 2004 auf Anordnung der Staatsanwaltschaft angewandt, berichtete der Senat Mitte November vorigen Jahres in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage Möllers. Neuere Zahlen liegen nicht vor.

Dabei sei nur bei zwei Verdächtigen „unmittelbarer Zwang“ und die Einführung einer Magensonde erforderlich gewesen, die anderen hätten das Brechmittel lieber selbst geschluckt. Bei 16 Personen – fast ausschließlich Schwarzafrikaner – allerdings wurde dieses Zwangsmittel zu Unrecht angewendet: Sie spuckten einfach nichts Verdächtiges aus. Diese Methode, so Möllers Schlussfolgerung, „ist also auch unverhältnismäßig“ und deshalb juristisch nicht zu begründen.

Der Brechmitteleinsatz war im Wahlkampfsommer 2001 von Innensenator Olaf Scholz (SPD) gegen den Widerstand des damaligen grünen Koalitionspartners durchgesetzt worden. Im Dezember desselben Jahres forderte er ein erstes Todesopfer: Der 19-jährige Nigerianer Achidi John starb an den Folgen der Zwangsverabreichung. Offizielle Ermittlungen gegen die beteiligten MedizinerInnen wurden nie eingeleitet. Sven-Michael Veit