: Disl setzt den Schlusstreffer
Mit Platz eins und zwei im gestrigen Verfolgungsrennen beenden Uschi Disl und Kati Wilhelm die Biathlon-Festspiele von Oberhof. Bundestrainer Ullrich: „Das war eine Riesenleistung“
AUS OBERHOF JOACHIM MÖLTER
Als die 23.000 Zuschauer in der Rennsteig-Arena am Sonntag schon geglaubt hatten, nun könne es aber wirklich keine Steigerung mehr geben, gab es prompt doch noch eine. Von Tag zu Tag hatten die deutschen Athleten ja die Erfolge angehäuft bei den Biathlon-Festspielen von Oberhof, auch Weltcup genannt, angefangen am Donnerstag mit dem zweiten Platz der Männerstaffel und dem Sieg des Frauenquartetts. Der Oberhofer Sven Fischer hatte dann am Freitag den Sprint der Männer gewonnen, ehe bei den Frauen am Samstag gleich sechs Deutsche unter die ersten zwölf sausten, angeführt von Uschi Disl (Moosham) und Kati Wilhelm (Zella-Mehlis) auf den Plätzen zwei und drei.
Am Sonntagvormittag schließlich waren Fischer und sein Klubkollege Alexander Wolf im Verfolgungsrennen ebenfalls als Zweiter und Dritter ins Ziel eingefahren, hinter dem Franzosen Raphael Poirée und dicht gefolgt von Weltmeister Ricco Groß (Ruhpolding) sowie Michael Greis (Nesselwang) auf den Rängen sechs und sieben. Aber kaum war das Publikum aus dem Jubeln über dieses Resultat herausgekommen, krönten die Frauen im abschließenden Verfolgungsrennen eine Woche, wie sie die Biathlon-Abteilung des Deutschen Skiverbands nicht oft erlebt: Uschi Disl feierte ihren 27. Weltcup-Sieg, Kati Wilhelm kam wie am Tag vorher direkt danach, und unmittelbar hinter der Sprintgewinnerin Linda Tjörhom aus Norwegen folgte schon Katrin Apel (Frankenhain) als Vierte. „So ein gutes Mannschaftsergebnis hatten wir hier noch nie“, bilanzierte Frauen-Bundestrainer Uwe Müssiggang, und sein Kollege Frank Ullrich stellte für die Männer Ähnliches fest: „Das war eine Riesenleistung. Ich hätte nicht gedacht, dass die Mannschaft so besteht vor heimischem Publikum.“
Das sei ja „nicht immer ganz einfach“, gab Uschi Disl zu, „vor so einem Publikum zu schießen“, das jeden Treffer frenetisch feiert und jeden Fehlschuss seufzend beklagt. Aber anscheinend haben sich die deutschen Athleten inzwischen daran gewöhnt im eigenen Land vor großer Kulisse anzutreten. Müssiggang lobte jedenfalls die Nervenstärke seiner Frauen: „Es war gut, wie sie mit dem Druck umgehen konnten, vor allem, weil jeden Tag auch noch schwierige Bedingungen herrschten.“ Das für Mittwoch geplante Staffelrennen der Männer war ja wegen Nebels verschoben worden, und an den anderen Tagen machte vor allem der Wind den Biathleten am Schießstand zu schaffen: Beim Sprintrennen der Frauen blies er sogar derart heftig, dass es von den 86 Teilnehmerinnen nur eine schaffte, fehlerfrei zu schießen – die spätere Siegerin Tjörhom. Als am Samstag auch noch frühlingshafte Wärme dazukam und den Schnee aufweichte, änderten die Verantwortlichen noch kurz vor dem Start zum Frauensprint die Streckenführung, weil es Wladimir Smirnow, den Renndirektor des Weltverbands IBU, bei der Besichtigung in einer Abfahrt aus der Kurve getragen hatte; und Smirnow ist gewiss kein Dilettant auf den schmalen Skiern – 1994 war er Olympiasieger im 50-Kilometer-Langlauf.
„Kompliment an die Jury“, sagte Uschi Disl, „das wäre kreuzgefährlich geworden und hätte viele Stürze gegeben.“ So aber lief alles reibungslos aus deutscher Sicht, vor allem, weil die Techniker die Ski bestens präpariert hatten. „Wir hatten wirklich die ganze Zeit Topmaterial“, lobte Sven Fischer. „Die Ski sind gut“, bestätigte Uschi Disl und fügte hinzu: „Die Form ist auch gut, aber dass es so läuft wie im Moment, war eigentlich gar nicht geplant.“ Wer hätte das auch gedacht, dass die deutschen Biathleten auf einer derart breiten Basis gestärkt aus der Weihnachtspause kommen?
„Ich habe keine richtige Erklärung dafür“, gab jedenfalls Alexander Wolf, 26, zu. Der erfahrene Sven Fischer, 33, vermutete indes: „Es war wichtig, dass wir über Weihnachten gut trainiert haben und nein gesagt haben zu Einladungswettkämpfen.“ Dass die besten Deutschen zwischen den Feiertagen nicht beim Spaßbiathlon in der Arena AufSchalke mitgewirkt hatten, war ihnen von manchen Fans etwas übel genommen worden. „Aber das kostet drei Trainingstage“, sagte Fischer, „und der Erfolg jetzt in Oberhof gibt uns Recht.“
Die Kollegin Uschi Disl, die nun wieder die Weltcup-Führung übernommen hat, stimmte seiner Einschätzung nur im Groben zu: „Das Geheimnis jeden Erfolgs ist hartes Training“, sagte sie, „aber das machen die anderen auch.“