: Finanzaufsicht warnt vor verfrühter Hoffnung
FINANZMARKT Bafin-Chef Sanio hält den Umfang von kommenden Kreditausfällen für nicht absehbar
BONN taz | Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) warnt vor verfrühten Hoffnungen auf ein Ende der Finanzmarktkrise. Er sei sich „ziemlich sicher, dass unsere Banken in ein paar Monaten die volle Wucht der schärfsten aller bisherigen Rezessionen in ihren Kreditportfolien spüren werden“, sagte Bafin-Präsident Jochen Sanio am Dienstag in Bonn. Für zahlreiche Geldinstitute könnte es noch ein „böses Erwachen“ geben. Niemand wisse derzeit, wie die Rezession ablaufen werde. So sei auch der Umfang kommender Kreditausfälle nicht absehbar. „Mehr als unwahrscheinlich“ sei jedoch „der schnelle Wiederaufstieg nach einem kurzen Höllenritt“. Die Banken sollten daher „mit der größtmöglichen Eigenkapitalstärke in die kommende schwierige Wirtschaftsphase“ gehen, so Sanio.
Ausdrücklich begrüßte der Bafin-Chef die geplante Schaffung von Bad Banks, die er Anfang des Jahres noch skeptisch gesehen hatte. Sein Umdenken begründete er mit der „sehr konkreten Gefahr“, dass die Ratingagenturen auch bisher als erstklassig bewertete Verbriefungspapiere plötzlich hart herabstuften. Solche Downgradings könnten zu so einem hohen Eigenkapitalverzehr führen, dass ihre Möglichkeiten zur Kreditvergabe entscheidend eingeengt würden. Die kontinuierliche Entsorgung ihrer „toxischen Papiere“ in einem geordneten Verfahren unter staatlichem Schutzschirm böte einen Ausweg aus dieser Ratingfalle.
Die Banken sollten deshalb schnell von den Möglichkeiten Gebrauch machen, ihren „Giftmüll“ in die Bad Banks auszulagern. Sanio warnte davor, „dass eine Bank, die ein Problem mit strukturierten Papieren hat, die Chance zu dessen Lösung nicht annimmt, sondern lieber weiter vor sich hinwurstelt und gottergeben abwartet, ob sie von tödlichen Downgradings getroffen wird oder nicht.“ Nach Bafin-Schätzungen haben die deutschen Banken rund 200 Milliarden Euro an ausfallgefährdeten Wertpapieren in ihren Büchern.
Wie die für den Bereich Banken zuständige Exekutivdirektorin Sabine Lautenschläger bestätigte, hat die Bafin wegen ihrer Arbeitsbelastung aufgrund des Bundestagsuntersuchungsausschusses zur Hypo Real Estate ihre Aufsichtstätigkeit in einigen Bereichen momentan zurückgefahren. „Tatsächlich haben wir die Aufsicht reduzieren müssen“, sagte sie. „Es geht um einen beschränkten Zeitraum.“ Die Berliner Politiker haben eine Vielzahl von Unterlagen bei der Bafin angefordert, um die Ursachen für die Beinahepleite der vor der Verstaatlichung stehenden Immobilienbank zu eruieren. Die Darstellung, die Bafin habe die Bankenaufsicht eingestellt, wies Präsident Sanio jedoch als „stark sensationsmäßig übertrieben“ zurück. PASCAL BEUCKER