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Archiv-Artikel

Grüne Steuerpolitik für deutsches Hollywood

Finanzpolitikerin Scheel will Steuererhöhungen vermeiden – durch ein Steuerprivileg für nationale Filmproduktion

BERLIN taz ■ Die Grünen drängen in der Regierungskoalition darauf, die Steuerschraube keinesfalls wieder anzuziehen. „Wir wollen keine Steuererhöhungen“, sagte die maßgebliche grüne Finanzpolitikerin Christine Scheel der taz zu entsprechenden SPD-Forderungen. Jede weitere Absenkung der Steuerquote, heißt es in einem Papier der SPD-Spitze, ist „nicht vertretbar“. Vielerorts wird dies als Vorbote für die Erhöhung der Steuern gedeutet.

Christine Scheel hingegen ist strikt gegen die Erhöhung der Steuern, die sich in Deutschland momentan auf einem Tiefststand befinden. Als Ausweg hat sie ein nationales Thema gefunden: Statt Hollywood sollen künftig der deutsche Film und das Staatssäckel von so genannten Medienfonds profitieren. „Steuersparmodelle zugunsten des Schiffsbaus im Ausland oder der Filmindustrie in Hollywood wird es mit uns nicht mehr geben“, sagte Scheel der taz. „Wir Grüne wollen, dass steuerbegünstigte Anlagefonds nur noch der in Deutschland produzierenden Wirtschaft nutzen.“ Seit 1997 wurden rund 10 Milliarden Euro Kapital in solchen Fonds gesammelt. Das meiste dieses „Stupid German Money“ floss in die Filmindustrie Hollywoods.

Scheel, die Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag ist, kündigte an, dass die Grünen einen Stillstand in der Steuerpolitik verhindern wollten. Die Partei werde Steuervereinfachungen zum Thema machen. „Unser Ziel ist die Steuerklärung auf einem Blatt“, sagte Scheel in Anspielung auf das in der Union gescheiterte Konzept der Bierdeckelerklärung des zurückgetretenen Finanzexperten Merz (CDU).

Sofern die grüne Partei ihrer finanzpolitischen Frontfrau folgt, würde ein finanzpolitischer Mittelweg beschritten. Die Grünen lehnen Veränderungen an den Steuertarifen ab – egal, ob sie nach oben oder nach unten zeigen. Sie widersprechen damit fortgesetzten Steuersenkungen, wie sie von der Union und der Wirtschaft gefordert werden. „Dafür ist die Zeit vorbei“, sagte Scheel, „wir brauchen Geld für staatliche Aufgaben.“ Die rot-grünen Steuerreformen seit 2000 haben die Bürger mit 56 Milliarden Euro entlastet.

Die Grünen wollten laut Scheel aber auch die Linken in der SPD in Schach halten, die es klar Richtung Steuererhöhungen zieht. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie sie etwa Heide Simonis favorisiert, sei leichter in der Nähe Skandinaviens zu fordern – dort liegt die Mehrwertsteuer teils bei 25 Prozent. In Deutschland gehe das nicht, sagte Scheel. CHRISTIAN FÜLLER