: SPD will Akten zu Gorleben-Entscheidung öffentlich machen
ATOMMÜLL Gegner hoffen auf den Beweis, dass Standort-Auswahl politisch und nicht fachlich begründet war. Kabinettsprotokolle könnten Trumpf in einem möglichen Genehmigungsverfahren sein
Petra Emmerich-Kopatsch
Die Kabinettsprotokolle zur Gorleben-Entscheidung müssten öffentlich gemacht werden. Das haben Vertreterinnen der niedersächsischen SPD-Fraktion in der vergangenen Woche wiederholt verlangt. „Die SPD-Fraktion kann den Wunsch der Landesregierung, Akten des Kabinetts Albrecht, die zur Entscheidungsfindung über den geplanten Endlagerstandort Gorleben beigetragen haben, für vertraulich zu erklären, nicht nachvollziehen“, kritisierte die Abgeordnete Petra Emmerich-Kopatsch.
Hinter dem Wunsch nach Offenlegung der Akten steckt die Vermutung, dass Gorleben nicht aus fachlichen sondern aus politischen Gründen als Ort für ein atomares Endlager ausgesucht wurde. Für die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg steht das fest – sie kann es nur nicht beweisen. Der Historiker Anselm Tiggemann dagegen schrieb 2006 in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Da ein Standort für die größte kommerzielle Wiederaufarbeitungsanlage der Welt gesucht wurde, spielten die geologischen Kriterien eine geringere Rolle als bei der Standortwahl eines ‚Nur‘-Endlagers.“
Anders als Tiggemann können die Oppositionsabgeordneten die Protokolle einsehen. Diese kopieren oder darüber reden dürfen sie nicht. „Wir wollen, dass jedermann Akteneinsicht bekommt“, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. „Es wäre bei einem Genehmigungsverfahren von enormer Bedeutung, wenn man nachweisen könnte, dass es keine fachliche, sondern eine politische Entscheidung war.“
Emmerich-Kopatsch fragt sich, ob bei den mehr als 30 Jahre alten Akten die Vertraulichkeit nicht längst verjährt sei. Unter Umständen könne nur der Staatsgerichtshof diese Frage klären. Die Dringlichkeit ihres Wunsches nach Aufklärung erklärt sie mit dem Skandal beim Versuchsendlager Asse. „Die Asse stellt Gorleben komplett in Frage“, sagt sie, „und deshalb brauchen wir jetzt die Unterlagen.“ GERNOT KNÖDLER