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Archiv-Artikel

Ganz oder gar nicht

Die Harburger Grundschule Maretstraße ist eine erfolgreiche Ganztagsschule. Die drohenden Kürzungen könnten die Weiterarbeit aber unmöglich machen

Chancengleichheit, Überwindung der Kopplung von sozialer Herkunft und schulischer Leistung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf: „Wir machen bereits genau das, was nach den neuen Plänen für Ganztagsschulen vorgesehen ist“, beschreibt Erzieherin Ilona Schenk das Unterrichtskonzept an der Harburger Grundschule Maretstraße. Die erheblichen Kürzungen, die mit der Schaffung weiterer Ganztagsschulen einhergehen sollen (taz berichtete), könnten das bestehende Konzept jedoch aufweichen. Damit ihre Ganztagsschule nicht zur Verwahranstalt verkommt, demonstrierten gestern SchülerInnen, Eltern und PädagogInnen mit einer Menschenkette singend von der Schule zum Harburger Bahnhof. Weitere Aktionen gegen die Senatspläne sind geplant.

Viele der 290 GrundschülerInnen kämen aus sozial problematischen Familien, erläutert Petra Zomm, Vorsitzende des Elternrates. Die Eltern seien MigrantInnen, arbeitslos oder hätten mit Drogenproblemen zu kämpfen. Darauf reagierte die Schule vor zwei Jahren mit dem Wechsel zum verbindlichen Ganztagsunterricht. Klassenübergreifender Unterricht oder das gemeinsame Mittagessen sind dabei genauso wichtig wie ein Mädchenraum, eine Anlaufstelle zur Schlichtung von Streitigkeiten oder die so genannte „Insel“ für verhaltensauffällige Kinder.

Die Erfolge, da sind sich Elternrat und Schulleitung einig, können sich sehen lassen. „Unser Konzept ist vergleichbar mit Ländern wie Finnland, die in der PISA-Studie ganz vorne lagen“, wirbt Erzieher Thorsten Georges. Von 8 bis 15 Uhr sind die Kinder in der Schule und machen dort auch ihre Hausaufgaben. „Verbindlichkeit und Kontinuität sind extrem wichtig. Der Klassenverband wird zu einem Familienersatz“, betont Lehrerin Sabine Franke. Mit den neuen Vorgaben „müssen wir nun aber Schritte zurück machen und nicht nach vorn“, ergänz Heide-Marie Roemmert vom Elternrat.

Denn nach den drohenden Kürzungen würde der Gundschule von fünf nur ein Erzieher erhalten bleiben. Häufig wechselnde Honorarkräfte seien dabei keine Lösung, da sie gerade dem Konzept sozialer Stabilität und Vertrauen widersprächen. „Das will keiner“, so Roemmert. „Dann sind auch wir dafür, das Ganztagsangebot wieder zurückzunehmen.“ Nicolai Schaaf