Vorauseilender Abgang von der Politikbühne

SPD-Landtagsabgeordneter und Degussa-Mitarbeiter Kasperek tritt ab, um dem Wahlkampf nicht zu schaden

BOCHUM taz ■ Weil er seiner Partei im NRW-Landtagswahlkampf nicht schaden will, konzentriert sich der SPD-Landtagsabgeordnete und Degussa-Mitarbeiter Bernhard Kasperek auf seinen Nebenjob. Der Vizechef der SPD-Landtagsfraktion ist zugleich Bereichsleiter Personalservices bei dem Düsseldorfer Chemieunternehmen.

Wegen der Debatte um Politikernebentätigkeiten werde er nicht zur Landtagswahl am 22. Mai antreten, erklärte Kasperek. Er habe sich dazu entschlossen, um seine Partei und seinen Arbeitgeber „dieser Diskussion oder haltlosen Verdächtigungen erst gar nicht auszusetzen“.

Der 52-jährige Kasperek ist gelernter Klempner. Neben seiner politischen Laufbahn in der Ruhrgebiets-SPD machte der promovierte Ingenieur Karriere bei Degussa (ehemals Hüls AG). Seit 1989 arbeitet Kasperek für die Chemiefirma, seit 1990 sitzt der Sozialdemokrat im NRW-Landtag. Dass der umweltpolitische Sprecher seiner Fraktion im Parlaments die Vorzüge der chemischen Industrie pries, störte lange Zeit nur den grünen Koalitionspartner. Aus einer Debatte zur EU-Chemikalienverordnung ist von Kasperek der Satz überliefert: „Wir wollen mehr Chemie in NRW, denn Chemie ist nicht das Problem, sondern in vielen Lebensbereichen die Lösung.“

Erst durch die Gehälteraffäre um die von RWE bezahlten CDU-Politiker Hermann-Josef Arentz und Laurenz Meyer wurde der Lobbyist – angeblich bezieht Kasperek von Degussa ein sechsstelliges Gehalt – zum Thema. Mehrere Zeitungen berichteten von Kaspereks Nebenberuf. Von besonderem Interesse waren die Jahre 1991 bis 1994. In dieser Zeit war Kasperek ehrenamtlicher Landesgeschäftsführer der NRW-SPD. Der Politiker konnte sich dieses unentgeltliche Engagement wegen seines lukrativen Jobs leisten.

Obwohl kein prominenter CDU-Politiker deshalb seinen Rücktritt forderte, tritt Kasperek jetzt ab. Seine Partei habe nicht auf seinen Rückzug gedrängt, sagt Kasperek und beklagt eine „abnehmende Akzeptanz für die Verbindung von Berufstätigkeit und politischen Mandaten“. Offiziell „bedauert“ NRW-SPD-Fraktionschef Edgar Moron den Abgang des Abgeordneten. Die nordrhein-westfälischen Grünen wollten die „persönliche Entscheidung“ des Koalitionskollegen gestern nicht kommentieren. Trotzdem kommt der Rücktritt der rot-grünen Koalition in Düsseldorf gelegen. Gehälteraffären und Nebenjobs sollen im Landtagswahlkampf keine Rolle spielen. MARTIN TEIGELER