: Abu Ghraib macht Schule
Human Rights Watch: US-Verhörmethoden im „Krieg gegen den Terror“ laden andere Länder zur Nachahmung ein. Forderung nach Sonderermittler gegen die Folterer und ihre Hintermänner
BERLIN taz ■ Eine nachhaltige Verschlechterung der Lage der Menschenrechte weltweit konstatiert die in den USA angesiedelte Organisation Human Rights Watch (HRW) in ihrem gestern vorgestellten Jahresbericht 2005. Kenneth Roth, der Direktor der renommierten Organisation, macht das vor allem am Versagen der internationalen Gemeinschaft fest: Human Rights Watch nennt dabei insbesondere die Verletzung internationaler Konventionen durch die USA in ihrem „Krieg gegen den Terror“ im Irak, in Afghanistan und Guantánamo, sowie den Völkermord in Darfur. „Wenn eine so dominante und einflussreiche Regierung wie die US-amerikanische offen Gesetze bricht und diesen Bruch auch noch verteidigt, unterminiert sie das Gesetz selbst und lädt indirekt andere ein, das Gleiche zu tun“, schreibt Roth.
Die derzeitigen Militärgerichtsverfahren gegen die auf den Fotos aus dem irakischen Abu-Ghraib-Gefängnis erkennbaren Soldaten hält Human Rights Watch für unzureichend. „Wir sind überzeugt, dass die Verantwortung die Befehlskette hinaufreicht“, sagt Vizedirektorin Carroll Bogert im taz-Interview. Die Organisation fordert die US-Regierung auf, einen Sonderermittler mit der Verfolgung aller US-Beamten und Offiziere zu beauftragen, die an Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung anderer beteiligt waren. Dies müsse unabhängig davon geschehen, ob sie persönlich beteiligt waren, andere dazu aufgefordert oder Befehlsgewalt über die Täter gehabt haben.
Angesichts der fortschreitenden ethnischen Säuberungen im sudanesischen Darfur beklagt die Organisation, alle potenziellen Akteure der internationalen Gemeinschaft hätten offenbar Besseres zu tun, als die Menschen dort zu schützen. Um wenigstens die Täter nicht straflos entkommen zu lassen, solle der UN-Sicherheitsrat den Fall Darfur an den Internationalen Strafgerichtshof übergeben, wenn am 25. Januar der Bericht der UN-Untersuchungskommission vorgestellt werde.
Jan Pronk, der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für Sudan, fordert in einem Beitrag für die taz, die sudanesische Regierung solle eine nationale Konferenz einberufen, um einen politischen Ausweg aus dem Darfur-Konflikt zu finden. Werde der Konflikt nicht schnell gelöst, sei auch der Friedensprozess im Südsudan wieder ernsthaft gefährdet. PKT
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