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Archiv-Artikel

Popel sind teurer

Von jank

In Deutschland entscheidet der Richter, ob er einen Vaterschaftstest vor Gericht als Beweismittel zulässt. Voraussetzung für die Anerkennung des Gutachtens vor Gericht ist jedoch die Zustimmung und Identifikation der am Test beteiligten Personen. Dass ein heimlicher Test nicht als Grund für die Anfechtung einer Vaterschaft anerkannt werden darf, entschied dieser Tage der Bundesgerichtshof.

Prinzipiell gilt es zwei Methoden der Vaterschaftsprüfung zu unterscheiden: Der Vaterschaftstest (ab 300 Euro) wird zwar gerichtlich oft nicht anerkannt, kann aber ein gerichtlich gefordertes Vaterschaftsgutachten nach sich ziehen. Grundsätzlich verletzt ein heimlich durchgeführter Test die Persönlichkeitsrechte von Mutter und Kind. Zur Untersuchung kommen vor allem Hautzellen und Haare. Sobald ein näherer Verwandter als Vater in Frage kommt, ist es mit der Genauigkeit von angeblich 99,9% aber dahin. Beim Vaterschaftsgutachten (ab 1.5000 Euro) erfolgt bei der Probengewinnung zwingend eine Identifikation, alle zu untersuchenden Personen müssen ihr Einverständnis zum Test geben. Analysiert werden Blutproben, die Gewissheit liegt bei 99,9%.

Die Urangst der Männer bietet ein gutes Geschäft: Institute mit Namen wie „PapaVeris“ oder „Vaterschaftstest-24-7“ vertreiben Test-Kits im Internet. Sie führen die Tests diskret und auch ohne Wissen von direkt Betroffenen durch. Die meisten Labore versichern zwar, auf der Zustimmung beider potenziellen Elternteile zu bestehen, doch die Praxis sieht anders aus. Über Zahlen kann nur spekuliert werden: Labore propagieren Zahlen von 75.000 („10% aller Kinder“) so genannten Kuckuckskindern, mindestens 50.000 Tests werden jährlich durchgeführt.

Der Ausdruck „Kuckuckskind“ ist angelehnt an den bekanntesten Brutschmarotzer im Tierreich. Das Kuckucksweibchen legt seine Eier in Nester von Singvögeln. Nehmen diese das Ei an, hat der eigene Nachwuchs keine Chance mehr. Sofort nach dem Schlüpfen entfernt der Jungkuckuck die Nahrungskonkurrenten.

Literaturtipp: Hildegard Haas, Claus Waldenmaier: „Der Kuckucksfaktor“. Gennethos 2004, 352 Seiten, 39,80 Euro. jank