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Archiv-Artikel

„Blut läuft aus der Nase“

Protokoll eines Gesprächs mit einem Afrikaner, dem zwangsweise Brechmittel eingeflößt wurde (1994)

Ich stehe am Hauptbahnhof an einer Haltestelle und warte dort. An derselben Haltestelle, allerdings auf der gegenüberliegenden Straßenseite, steht ein anderer Schwarzer. Nach ein paar Minuten kommen zwei Männer (Polizeibeamte in Zivil, wie sich herausstellt) auf mich zu. (...)

Sie beschuldigen mich und den anderen: „Ihr seid Dealer.“ Ich protestiere und sage ihnen, dass ich kein Dealer bin. Noch an der Haltestelle legen sie uns Handschellen an. (...)

Schließlich bringen sie uns zum Polizeiarzt, weil wir die Drogen angeblich verschluckt haben. Dort muss ich mich nackt ausziehen. Der Polizeiarzt ist ein älterer, großer Mann mit Brille. Der Arzt beschuldigt mich ein Dealer zu sein. Ich sage ihm, dass das nicht stimmt. So geht das ein paar Minuten hin und her. Schließlich gibt mir der Arzt einen Becher mit einer dunklen Flüssigkeit zu trinken. Diese Flüssigkeit schmeckt extrem streng und scheußlich. So scheußlich, dass ich nicht alles trinken kann und einen Teil davon auf den Boden spucke. Plötzlich packt mich der Polizeiarzt an den Haaren und drückt und zieht mich mit Gewalt auf die Liege, auf der er ich sitze. Dabei schlägt er mir immer wieder mit der Faust ins Gesicht und auch auf die Augen. Sie fesseln mich mit Plastikbändern an den Armen und Beinen. Der Arzt hat plötzlich einen Schlauch in der Hand und schiebt ihn mir in die Nase. Ich habe Angst. Ich drehe den Kopf ganz schnell von einer Seite zur anderen. Der Arzt packt mich ganz fest an den Haaren. Ich schreie, dass ich kein Dealer bin und ob sie mich umbringen wollen. Ich habe Todesangst.

(...) Durch das Reinschieben des Schlauches wird meine Nase innen verletzt. Das Blut läuft mir aus der Nase. Meine Lippen sind auch aufgesprungen, da sie mir immer wieder auf den Mund drücken und schlagen, um mich am Schreien zu hindern. Zwischendurch ist mir schwarz vor Augen. Nachdem sie mir den Schlauch wieder aus der Nase gezogen haben, muss ich noch einmal einen Becher mit Brechmittel trinken (...) und mehrere Becher Leitungswasser.

(...) Das Kotzen ist so stark, dass Wasser aus meiner Nase kommt. Sie finden aber nichts.

Ich frage sie, ob sie denn nun endlich glauben würden, dass ich kein Dealer bin. Die beiden Polizisten sind auf einmal wie ausgewechselt, fast überfreundlich, und sagen, dass sie mich eben im Verdacht hatten und dass dies halt ihr Job sei. (...) Ich habe mich nach dieser Brechmittelbehandlung noch tagelang sehr schlecht gefühlt. Wegen der Schläge auf meine Augen konnte ich zwei bis drei Monate lang nicht richtig sehen.

Aus der Broschüre „Polizisten, die zum Brechen reizen“ (1995), www.antirassismus-buero.de