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Archiv-Artikel

ausstellung Kulturpessimistischer Rundumschlag

Vor gut 40 Jahren entwickelte Joseph Beuys, Mitbegründer der Grünen, den Begriff der „sozialen Plastik“. Er verstand darunter einen sozialen Organismus, in dem jeder seine Kreativität zum Nutzen der Mitmenschen und der Umwelt einbringen kann. Von solch positiven Visionen des 1986 gestorbenen Künstlers ist nicht viel übrig geblieben. Angesichts der herrschenden Ökonomie und der damit verbundenen Verfallsformen in Kultur, Wirtschaft und gesellschaftlichem Umgang kontern die Künstler des Kölner Kunstwerks Beuys mit ihrer Ausstellung „Asoziale Plastik“: ein kulturpessimistischer Rundumschlag, der Schock und Ekel bietet, gelegentlich gelungene Satire hervorbringt und dem dennoch Antrieb und Visionen fehlen.

Ausstellungskurator Rainer Aring nimmt sich in seiner eigenen Arbeit „Im Visier“ eine Subkultur vor: die deutschen Waffenfreaks. Gemalte Waffenporträts kombiniert er mit Zitaten aus Waffenkatalogen, die „überzeugende Ergebnisse beim Durchschlagen von Schutzwesten“ versprechen. „Hartz IV“ nutzt Kirsten Adamek für seine „Für-Alle-AG“ und verleiht Diplome zweifelhafter Qualifikationen wie „Stadtstreichler“ und „Klagemaurer“.

Auf Schock und Ekel setzen Georgy Bretschneiders brav verfremdete „Klassiker“. Munchs „Pubertät“ und da Vincis „La Gioconda“, körperlich deformiert, schocken und lassen den Betrachter ratlos zurück, ebenso wie Parzivals „Höllenbilder“. Die Ikonen der Betroffenheit, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, sind brav versammelt: die Napalm versengte Vietnamesin, der vor laufender Kamera erschossene Vietcong, hübsch ornamental arrangiert. Man erkennt wieder und zuckt mit den Schultern.

Dem Motto „Satire darf alles“ folgt Michael Hooyman mit Entwürfen modischer „Folterkleidung“ für die Häftlinge von Abu Ghraib. Last but not least darf die Tsunami-Katastrophe in Südostasien als „Sei-dabei-Fotowand“ von Beate Ronig nicht fehlen.

Die Werke werden dem Anspruch, „keine Utopie mehr zu haben“, gerecht, aber die Sehnsucht nach engagierter Kunst, die nicht im Plakativen haftet, bleibt.

Annette von Czarnowski

„Asoziale Plastik“: Kunstwerk, Deutz-Mülheimer-Str. 127-129, bis 1.2.2005, Mi-So, 15-19 Uhr