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Archiv-Artikel

SPD und Grüne wollen erst mal prüfen

Obwohl 86 Prozent der BürgerInnen mehr Transparenz wünschen, bleiben die Gespräche über den Umgang mit Nebenverdiensten vorerst ohne konkretes Ergebnis. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse fordert präzisere Regeln

AUS BERLIN BETTINA GAUS

Der Streit über die Verschärfung der Regeln für Nebeneinkünfte von Abgeordneten geht weiter. Ein Treffen der parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen bei Bundestagspräsident Wolfgang Thierse brachte gestern keine Annäherung der Standpunkte.

„Ich sehe überhaupt keine Möglichkeit, dem, was vorgelegt worden ist, zuzustimmen“, erklärte Volker Kauder (CDU). Jörg van Essen (FDP) meinte, die von der Koalition geplanten Regelungen seien schlechter als die derzeit gültigen. Grundsätzlich findet die Opposition ohnehin, dass sich die bisherige Praxis bewährt habe. Die Union hat aber die Bereitschaft erkennen lassen, Verstöße gegen die Regeln härter als bisher zu bestrafen. Einen kleinen Schritt weiter will die Koalition gehen. SPD und Grüne sprechen sich dafür aus, dass Abgeordnete künftig sämtliche Beschäftigungen dem Bundestagspräsidenten zu melden haben – also auch die weitere Arbeit in ihrem eigentlichen Beruf. Bei Verstößen sollen Strafzahlungen fällig werden, zudem will die Koalition die juristischen Tatbestände der Bestechung und der Bestechlichkeit weiter fassen.

Das, was einer Umfrage zufolge 86 Prozent der Bürgerinnen und Bürger wünschen, wollen SPD und Grüne jedoch erst einmal prüfen: ob nämlich die Einkünfte auch veröffentlicht werden sollen. In anderen Ländern wie Großbritannien oder Polen ist entweder das der Fall, oder Nebentätigkeiten sind Parlamentariern grundsätzlich nicht erlaubt, so beispielsweise in Spanien. In Deutschland hingegen erfährt bislang lediglich der Bundestagspräsident, womit sich die Abgeordneten außerhalb des Parlaments und neben ihrem eigentlichen Beruf noch beschäftigen – und das nur dann, wenn die Einkünfte daraus 3.000 Euro im Monat oder 18.000 Euro im Jahr übersteigen. Unmöglich ist finanzielle Transparenz aber auch in der Bundesrepublik nicht, jedenfalls nicht für andere Gruppen der Bevölkerung: Wer auf der Basis von Hartz IV Steuergelder erhält, muss seine Vermögensverhältnisse vollständig offen legen. Bundestagspräsident Thierse wies gestern darauf hin, dass seine Möglichkeiten derzeit äußerst beschränkt sind: „Eine allgemeine Überprüfung der Angaben, etwa durch Rückfragen bei Firmen oder Verbänden, ist nicht vorgesehen.“ Es müsse Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung geben. „Es führt kein Weg daran vorbei: Wer mehr Kontrolle will, als jetzt möglich ist, muss dafür Vorschläge zur Veränderung oder Präzisierung der Regeln machen.“ Ob das erfolgversprechend ist, wird sich frühestens nächste Woche zeigen. Da findet das nächste Treffen statt.