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Archiv-Artikel

Vorzeitige Debatte um späteren Ladenschluss

SPD und FDP wollen Ladenschluss kippen. Auch PDS-Wirtschaftssenator für Verkauf rund um die Uhr – außer sonntags. Grüne wollen bis 22 Uhr handeln lassen. Doch bis auf weiteres ist um 20 Uhr Schluss, denn der Bund ist zuständig

Der Ladenschluss muss weg. Dieser Auffassung ist zumindest die FDP-Fraktion, und deshalb wird sie heute erneut einen entsprechenden Antrag im Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vorlegen. Der gleiche Antrag war bereits im Dezember von der rot-roten Koalition abgelehnt worden. Die Liberalen fordern darin den Senat auf, den Ladenschluss an allen Tagen außer an Sonn- und Feiertagen aufzuheben.

Überraschend hatte sich am Wochenende nun auch die SPD-Fraktion für die Abschaffung des Ladenschlusses an Werktagen ausgesprochen. Es genüge, dass der Sonntag durch die Feiertagsgesetzgebung wirksam geschützt sei, hieß es in einer auf der Klausurtagung in Radebeul verabschiedeten Resolution. Mit den verlängerten Öffnungszeiten erhoffen sich beide Fraktionen, dass Berlin seine Attraktivität gegenüber anderen europäischen Städten erhöht.

Doch trotz aller Einigkeit: so schnell wird der Ladenschluss nicht fallen. Denn noch ist der Ladenschluss Bundes- und nicht Ländersache. Deshalb fordert die FDP in ihrem Antrag den Senat auf, die Bundesregierung auf eine Länderregelung zu drängen.

Für Christoph Lang, Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS), ist dieser Antrag jedoch im Moment völlig überflüssig. „Die Koalition unterstützt bereits eine Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg, den gesetzlich geregelten Ladenschluss von Montag bis Samstag abzuschaffen“, sagt Lang. Im Moment liege das Papier beim Bundestag. „Und solange sich der Bundestag damit beschäftigt, können wir machen, was wir wollen. Es bringt nur nichts.“ Sobald der Ladenschluss auf Landesebene verlegt wird, wolle man den Spielraum allerdings voll ausschöpfen. „Unter der Woche werden wir den Ladenschluss dann freigeben“, sagt Lang.

Weil die Koalition bereits die Bundesratsinitiative unterstützt, rechnet Volker Thiel, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, auch nicht damit, dass der Antrag heute auf große Zustimmung stoßen wird. „Mit Rücksicht auf bestimmte Wählerschichten wird der Vorschlag wohl erst mal abgelehnt werden“, sagt er. Allerdings rechnet auch Thiel damit, dass der Ladenschluss noch in dieser Legislaturperiode zur Ländersache wird.

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Lisa Paus, spricht von Konflikten innerhalb der rot-roten Koalition. „Es gibt offensichtlich auch in der SPD noch Widerstände gegen eine Liberalisierung des Ladenschlusses“, sagt Paus. Auch stehe die PDS nicht dahinter. Mit einem Erfolg des FDP-Antrags rechne sie deshalb nicht. Die Grünen selber wollen den Ladenschluss auf keinen Fall abschaffen. Jedoch sollen ihrer Meinung nach Geschäfte wochentags bis 22 Uhr öffnen dürfen. Dann müssten sich aber auch die Öffnungszeiten von Kitas und Ämtern sowie BVG-Fahrpläne an die neuen Zeiten anpassen.

Für Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann wird bei der Diskussion ein wesentlicher Punkt übersehen: „In Berlin fehlt die Kaufkraft. Wer soll 24 Stunden lang Geld ausgeben, wenn hier jeder Fünfte arbeitslos ist?“

PHILIPP DUDEK