: African Graffiti
„Ouaga Saga“ von Dani Kouyaté ist eine städtische Komödie aus Burkina Faso
VON WILFRIED HIPPEN
„There is only sad news from Radio Africa“ sang in den 80er Jahren eine progressive Popgruppe aus England, und diese Attitüde vieler wohlmeinender Bewohner der reicheren Kontinente hat sich kaum geändert. Aus Afrika hört man nur Nachrichten von Hunger, Krieg, Unterdrückung oder Aids, und dies spiegelt sich auch in den meisten dort gedrehten Filmen wieder, die ja fast ausschließlich von wohlmeinenden Europäern und Amerikanern produziert werden, und so deren unvermeidlich kolonialen Blick nie ganz abschütteln können. Denn ihr Helfersyndrom beinhaltet ja auch immer ein Element der Herablassung. Die wenigen Afrikaner, die genügend Mittel aufbringen können, um selber Filme zu produzieren, sind dagegen an solchen Elendsbildern kaum interessiert. Und wer schon mal in Afrika selber Radio gehört hat, weiß, dass es dabei auf die Musik ankommt und kaum auf die Nachrichten.
So ist es für ein hiesiges Publikum fast schon ein Kulturschock, wenn in dieser Film aus Burkina Faso einfach nur von ein paar Jungen erzählt wird, die zwar in einem armen Viertel der Hauptstadt Ouagadougou aufwachsen, für die aber Kino, Fußball, Mädchen und Musik das Wichtigste sind. Sie schlagen sich gewitzt durch, klauen auch schon mal einer reichen Schnepfe ihr neues Motorrad, sind aber sympathisch und strahlen eine ansteckende Lebensfreude aus. Der Regisseur Dani Kouyaté ist in Ouagadougou aufgewachsen, und er versucht „ihre Verrücktheit zu rekonstruieren, ihren Dynamik, ihre Verschiedenheit und ihre Vitalität“ (so er selber in einem Interview). Genau den gleichen Impuls hatte einst auch George Lucas mit seinen Jugenderinnerungen in „American Graffiti“, der ja nicht umsonst sein wärmster und menschlichster Film geblieben ist. In beiden sind Atmosphäre und Musik wichtiger als die Geschichte, die dann lässig aus dem Ärmel geschüttelt wird.
Die „Ouaga Saga“ besteht eher aus Episoden als aus einem großen Spannungsbogen, und weil es in Burkina Faso offensichtliche viele Fußballbegeisterte gibt, heißt einer der Junge Pele und gewinnt mit der Mannschaft des Viertels ein Match in seinen magischen Fußballschuhen. Ja, es gibt auch fantastische Elemente in dieser Komödie, die mit einigen simplen Spezial-Effekten zum Funkeln gebracht werden. Das Geld, die Fußballschuhe, die Gitarre oder die Wettscheine, die jeweils der Gruppe zum Glück verhelfen, glitzern jeweils vorher wie der Wunschstaub einer Märchenfee, und märchenhaft ist dann auch der Ton des letzten Aktes, der wie ein große Wunschmaschine funktioniert. Aber neben der Magie hilft auch die Solidarität, und so besteht einer der komischen Höhepunkte des Films aus jener Sequenz, in der die Frauen des Viertels geschlossen in die Polizeistation marschieren, wo ihre Söhne inhaftiert sind, um dem Polizeichef mal zu zeigen, wie ein Matriarchat funktioniert. Dani Kouyaté weiß, dass sein afrikanisches Publikum eben nicht ihr alltägliches Elend auf der Leinwand gespiegelt sehen will, und stattdessen jene Geschichten mag, in denen das Wünschen am Ende geholfen hat.
Schließlich erträumt sich der Filmemacher sogar noch ein Multiplexkino in das Viertel seiner filmbegeisterten Helden. Die hatte er vorher schon begeistert von John Wayne bei einer Vorführung von „Rio Bravo“ von Howard Hawks gezeigt. Nun haben Hawks und Wayne mit „Hatari“ auch einen afrikanischen Safarifilm gedreht. Was die Kinogänger in Burkina Faso wohl von dem gehalten hätten?