: Leuchtturm säuft ab
SCIENCE CENTER Es sollte ein maritimes Aushängeschild der Stadt Kiel werden. Jetzt droht dem Science Center das Aus. Und Wirtschaftsminister Jörg Biel eine Blamage
VON MAXIMILIAN PROBST
Keine zwei Monate im Amt und schon steht der parteilose Kieler Wirtschaftsminister Jörg Biel vor einem schweren Gang. Er soll nach Willen der Landtagsfraktionen CDU und SPD das geplante Science Center in Kiel versenken – und damit just das Projekt, das er als Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Kiel (IHK) mit aus der Taufe gehoben und über sechs Jahre lang gehegt und gepflegt hatte.
Das multimedial geplante Science Center sollte eine Tourismusattraktion werden, ein Schaufenster der maritimen Wirtschaft und Wissenschaft. Noch für dieses Jahr war der Baubeginn geplant. 25,7 Millionen Euro hätte das Projekt kosten sollen, zwei Drittel davon mit Landesgeldern bestritten werden müssen. „17,8 Millionen Euro Fördermittel für ein risikobehaftetes Projekt“, befanden nun die Fraktionen von SPD und CDU: das sei in Zeiten der Wirtschaftskrise und einbrechenden Steuereinnahmen „nicht vertretbar“.
Arg enttäuscht sei er über die gemeinsame Erklärung der Landtagsfraktionen, ließ Biel verlauten. Verfasst und öffentlich gemacht hatte die Mitteilung neben Birgit Herdejürgen (SPD) der CDU-Mann Johannes Callsen, langjähriger Pressesprecher von Jörg Biel in seiner IHK-Zeit, was die kleine Pikanterie noch ins Persönliche gesteigert haben dürfte.
Und das ist nicht der einzige überraschende Frontverlauf, der sich im Gerangel ums Science Center goutieren lässt. Feuer und Flamme fürs Leuchtturmprojekt sind – die Grünen. „Gerade in der Krise muss man für innovative Konzepte Geld locker machen“, wetterte Lutz Oschmann, Fraktionsvorsitzender in der Kieler Ratsversammlung, und warf den „Knallköppen“ von SPD und CDU „Wirtschaftsfeindlichkeit“ vor. Biel forderte er dazu auf, nun einen „geraden Rücken zu zeigen“ und zu seinem Projekt zu stehen. Wohl auch vor dem Hintergrund, dass der Wirtschaftsminister, wie seine zwei Vorgänger in den Jahren zuvor, dem Kieler Stadtrat für Stadtentwicklung und Umwelt die Fördergelder versprochen hatte. Das war Mitte April.
Möglich wäre das für den Wirtschaftsminister: sich über den Fraktionswillen von SPD und CDU hinwegsetzen. Theoretisch. Denn die Entscheidungsgewalt über die Fördergelder liegt bei ihm. Praktisch sieht es anders aus. Denn in Schleswig-Holstein werden seit geraumer Zeit hochsummige Fördergeldvorhaben von einem Finanz- und Wirtschaftsausschuss des Landtages abgesegnet. Oder mit einem Veto blockiert.
Am vierten Juni tagt der Ausschuss erneut, um zu einer Entscheidung über das Science Center zu kommen. Dass dann die Vertreter der Landtagsfraktionen von SPD und CDU zurückrudern, gilt als unwahrscheinlich. Dass der Minister seine ersten Amtstage mit dem Bruch eines politischen Gewohnheitsrechts begeht, nicht minder.