: Barrieren gehören ins Museum
In Köln beraten Experten, wie behinderten Menschen der Zugang in Museen erleichtert werden kann. Damit meinen sie nicht nur die Architektur, sondern vor allem Wege der Kunstvermittlung
VON JÜRGEN SCHÖN
Dass Menschen, die einen Rollstuhl benötigen, heutzutage einen barrierefreien Zugang zu Museen haben, dafür sorgen zumindest bei Neubauten zahlreiche Bauvorschriften. Dass aber auch Menschen mit anderen Behinderungen, etwa Hör- oder Sehgeschädigte oder solche mit kognitiven oder motorischen Störungen, schon mal ein Museum besuchen wollen, daran denken Museen oft nicht, für sie gibt es auch keine Bauvorschriften. Wie deren Wünsche nach dem „Erlebnis Museumsbesuch“ besser berücksichtigt werden können, ist bis heute Thema des zweitägigen Kongresses „Wege der Kommunikation – Menschen mit Behinderungen im Museum“ im Landschaftsverband Rheinland. 130 Experten aus ganz Europa, darunter auch einige Menschen mit Behinderungen, sind dafür nach Köln gekommen.
Dass die Tagung in Köln stattfindet, ist kein Zufall, denn das Angebot des Kölner museumspädagogischen Dienstes für Menschen mit Behinderungen ist „bundesweit vorbildlich“, lobt Karin Maaß vom Bundesverband der Museumsdienste. Seit über zwei Jahrzehnten arbeitet dieser eng mit dem Fachbereich Sonderpädagogik der Uni zusammen.
Angeboten wird unter anderem im Römisch-Germanischen Museum ein „Blindenkasten“ mit Originalexponaten, die in einem Sonderraum ertastet werden können. In Workshops mit Kindern werden Bilder mit Stillleben aus dem Wallraf-Richartz-Museum nachgebaut; das Dargestellte kann so auch durch seine Düfte erfahrbar werden. Andere Bilder werden theatralisch nachgespielt, Sprachkarten und Gebärdendolmetscher werden eingesetzt. Im Rautenstrauch-Joest-Museum wird indonesische Gamelanmusik gespielt. „So wird das, was die Museen zeigen, auf unterschiedliche Arten erfahrbar“, fasst Karin Rottmann, zuständig für das Kursangebot, die Ziele zusammen.
Das ist nicht alles neu, doch nirgends ist man so konsequent wie in Köln. „Der Mensch mit Behinderungen wird eher unter dem Fürsorgeaspekt gesehen, nicht als einer, der auch kulturelle Wünsche hat“, konstatiert Wolfgang Wessels vom Landesverband NRW für Körperbehinderte für die Mehrheit der Museen. Dass ihr Haus auch „Eingliederungs- und Lebenshilfe“ sein könne, sähen viele Museumsdirektoren nicht. „Wir fühlen uns dafür nicht zuständig“, habe etwa das Museum Schloss Burg an der Wupper auf die Einladung zu diesem Kongress geantwortet und lapidar auf die historischen Gemäuer verwiesen, die architektonisch nicht zu ändern seien, berichtet Wessels.
Von diesem Kongress erhofft er sich, dass drei Welten zusammenfinden, die im Behördendschungel getrennt voneinander arbeiten: Kultur, Soziales und Jugend. Damit nicht alles von oben herab theoretisiert wird, werden in verschiedenen Workshops auch Betroffene erklären, wie genau sie die Umwelt, in der sie leben, wahrnehmen, wo die Unterschiede zur Wahrnehmung von Nichtbehinderten liegen.
Auf einem „Markt der Ideen“ werden heute von 10 bis 13 Uhr im Foyer des Wallraf-Richartz-Museums Projekte vorgestellt, die unterschiedlich behinderten Menschen den Zugang zur Kunst in Museen erleichtern sollen.