Neuer Kampf um Neuenfelde

Gegner der Airbus-Erweiterung schärfen ihre juristischen Argumente. Neue Zweifel an Bedarfsbegründung für längere Werkspiste. Neuplanung des Senats nur eine Finte? Umweltorganisation BUND klagt vor dem Oberverwaltungsgericht

Von Sven-Michael Veit

Gabi Quast ist unverändert kampfbereit: „Wir werden in unserem Einsatz für die Bewahrung der Kulturlandschaft in Neuenfelde und im ganzen Alten Land nicht nachlassen.“ Das kündigte die Sprecherin der Klägergemeinschaft gegen die Erweiterung des Airbus-Werks Finkenwerder gestern an. Ihren Optimismus bezieht Quast aus den neuen juristischen Einschätzungen der Klägeranwälte Peter Mohr und Rüdiger Nebelsieck. Der Bedarf für die Verlängerung der Startbahn in Finkenwerder „ist noch immer nicht nachgewiesen“, lautet deren Fazit.

Keineswegs seien Hamburger Senat und Airbus kurz vor ihrem Ziel, so Nebelsieck. Der Erwerb einzelner Grundstücke in Neuenfelde habe „die Rechtslage nicht verändert“, weiterhin gelte der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom August 2004, in dem die Bedarfsbegründung für die Pistenverlängerung verworfen wurde. Deshalb sei die Rechtsposition der Stadt „nicht besser“ und die seiner mehr als 200 Mandanten „nicht schlechter“ geworden.

Im Gegenteil. Denn unter Berufung auf „offizielle Unternehmensdaten von Airbus“ erläuterte der Verwaltungsrechtler ausführlich, dass die Frachtversion des Riesenjets A380 „um 25 Tonnen leichter ist als die Passagierversion“. Vor Gericht aber hatte Airbus behauptet, dass der A380F schwerer sei und deshalb mehr Startbahnlänge benötige: „Es gibt keinen juristisch nachvollziehbaren Bedarf“, so Nebelsieck, für eine längere Rollbahn. Nach seiner Einschätzung handelt es sich um „einen reinen Prestigekampf zwischen den konkurrierenden Airbus-Werken Hamburg und Toulouse“, der auf den Wiesen von Neuenfelde ausgetragen werden soll.

Der von der Wirtschaftsbehörde angekündigten Neuplanung sehen Mohr und Nebelsieck gelassen entgegen. Wenn sie vorliege, würden sie „diese sehr sorgfältig prüfen“ und mit ihrer Mandantschaft beraten. Jedoch hätten sie den Verdacht, es handele sich lediglich „um eine öffentlichkeitswirksame Finte“ des Senats. Diese diene dazu, „unvermindert Druck“ auf die beiden Neuenfelder Eigentümer aufrecht zu erhalten, die ihre Grundstücke nicht verkaufen wollen.

Der Senat hatte im Dezember angekündigt, die Planunterlagen mit einer verkleinerten Sicherheitszone so zu überarbeiten, dass diese beiden Flächen nicht benötigt würden (siehe Karte). Das aber würde den Betroffenen, vermutet Nebelsieck, „neue Klagemöglichkeiten eröffnen“.

Die Realisierungsgesellschaft Finkenwerder, die im Auftrag der Wirtschaftsbehörde federführend die Airbus-Erweiterung betreibt, sei „mit Volldampf in der technischen Planung“, beteuerte deren Sprecher Clemens Finkbeiner auf Nachfrage der taz. Die Unterlagen seien „in einigen Wochen“ fertiggestellt, von einer Finte könne keine Rede sein: „Wir meinen das ernst.“

„Sehr ernst“ meint es auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit seiner Beschwerde, die er gestern vor dem OVG einreichte. In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht am 29. Dezember 2004 das Recht des Naturschutzverbandes verneint, den Bedarf für die Werkserweiterung anzuzweifeln. Das aber widerspreche, so Nebelsieck, dem Bundesnaturschutzgesetz und dem OVG-Beschluss vom August, in dem die Bedarfsbegründung von Senat und Airbus ja verworfen wurde.

Er rechne fest mit einem Erfolg der Revision, erklärte Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch voller Optimismus: „Noch im März wird es bei Airbus einen Baustopp geben.“