Condoleezza Rice windet sich heraus

Auch am zweiten Tag ihrer Anhörung vor dem außenpolitischen Ausschuss des US-Senats zeigt Bushs künftige Außenministerin weder Zeichen von Selbstkritik, noch gibt sie konkrete Antworten. Senatoren Kerry und Boxer stimmen gegen sie

VON BERND PICKERT

Eigentlich sollte Condoleezza Rice noch gestern Abend, nur wenige Stunden nach der Einschwörung ihres Dienstherren George W. Bush, als neue US-Außenministerin vereidigt werden. Doch nachdem die bisherige Sicherheitsberaterin am Dienstag und Mittwoch rund elf Stunden dem außenpolitischen Senatsausschuss Rede und Antwort stand und mit 16 Stimmen bestätigt wurde, schickten sich gestern zwei demokratische Senatsmitglieder zum symbolischen Protest an. Mit überlangen Reden wollten die Senatoren Barbara Boxer und Robert Byrd die Abstimmung über Condoleezza Rice so lange verzögern, bis die meisten Senatoren das Capitol verlassen hätte, um zu einem der vielen Bälle anlässlich der Amtseinführung Bushs zu eilen.

Boxer hatte bereits im Ausschuss gegen Rice gestimmt, genau wie der gescheiterte demokratische Präsidentschaftskandidat, Senator John Kerry aus Massachusetts. Rice sei eine der „wesentlichen Architekten“ jener Außenpolitik, die die USA unsicherer gemacht und jene Verbündeten verschreckt habe, die die USA dringend benötigt hätten, sagte Kerry. Er habe bei der Anhörung keinerlei Anzeichen dafür erkennen können, dass Rice die Notwendigkeit eines politischen Kurswechsels verstehe.

Tatsächlich hatte Rice zwar in einigen Antworten allgemein geäußert, sicherlich habe man in den letzten vier Jahren auch ein paar nicht so gute Entscheidungen getroffen, ohne jedoch in auch nur einem einzigen Bereich konkrete Fehler einzugestehen. Von Boxer und anderen detailliert über ihre Rolle bei der Verbreitung von Fehlinformationen über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen und eine angebliche Verbindung von Saddam Hussein und al-Qaida befragt, wich Rice stets aus.

Auch zum Iran wurde Rice noch einmal eindringlich befragt – die Senatoren wollten herausfinden, ob die Bush-Regierung es wirklich ernst damit meint, dass Iran seine vermuteten Atomwaffenpläne aufgeben müsse, oder ob insgeheim doch der Wunsch nach einem Sturz des Regimes in Teheran die Politik bestimme. Zwar gab Rice auch darauf keine klare Antwort, betonte aber, es sei schwierig, eine Verständigung mit einem Regime zu finden, das den Terrorismus der Hisbollah unterstütze, Israel zerstören wolle und zudem Ansichten vertrete, „die wir für illegitim halten“. Insbesondere angesichts der Vorstellungen der US-Regierung über die zukünftige Entwicklung im Mittleren Osten sei eine Verständigung schwierig, sagte Rice.

Schon am ersten Tag der Anhörung hatte sie gesagt, Iran sei ein „Außenposten der Tyrannei“, genauso wie Kuba, Birma, Nordkorea, Weißrussland und Simbabwe. Regierungen der angesprochenen Ländern haben inzwischen wütend reagiert: Simbabwes Regierung nannte Rice eine „Faschistin“, Iran betonte erneut seine Verteidigungsbereitschaft im Falle eines Angriffes, die kubanische Regierung forderte die USA auf, die Menschenrechtsverletzungen in den Gefangenenlagern in Guantánamo Bay einzustellen – und Weißrusslands Fernsehen zeigte Michael Moores Film „Fahrenheit 9/11“.