: Hartz verdummt MigrantInnen
Hartz IV bedeutet für viele MigrantInnen einen unsicheren Aufenthaltsstatus und weniger Weiterbildungen. Dabei haben 76 Prozent der Zuwanderer in NRW keinerlei Qualifikation
VON NATALIE WIESMANN
Für MigrantInnen birgt Hartz IV besonders viele Risiken. Das ist das Fazit einer Tagung im Berufsfortbildungswerk Gelsenkirchen am vergangenen Freitag, auf der die Folgen der Arbeitsmarktreform für Mitbürger mit Migrationshintergrund diskutiert wurde. Trotzdem hoffen VertreterInnen der Jugendhilfe und der Arbeitsgemeinschaften, dass die individuelle Betreuung durch Fallmanager auch ein Chance für die Betroffenen bedeutet. Spezielle Förderungsinstrumente für arbeitslose MigrantInnen sind im Sozialgesetzbuch (SGB) II jedoch nicht vorgesehen. Dabei sind sie in vielerlei Hinsicht schlechter gestellt als die deutschen Langzeitarbeitslosen.
Unsicherer Aufenthalt
Im Zusammenhang mit dem neuen Zuwanderungsgesetz ist der Aufenthalt der Arbeitslosengeld II-BezieherInnen unsicherer geworden. Bisher konnte jeder Ausländer, der seit fünf Jahren in Deutschland lebt und sich nicht strafbar gemacht hat, als Arbeitslosenhilfe-Bezieher eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis bekommen. Für Arbeitslosengeld II-EmpfängerInnen wurde der entsprechende Satz gestrichen. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ist noch nicht einmal klar, ob ALG II als Sozialhilfe gewertet wird. Wenn ja, sind sie durch Ausweisung gefährdet – Ausländerbehörden können Ausländer ausweisen, der „für sich und seine Familienangehörigen Sozialhilfe in Anspruch nimmt“.
Weniger Weiterbildung
MigrantInnen in NRW stellen elf Prozent der Bevölkerung und 18,5 Prozent der Arbeitslosen. 76 Prozent von ihnen haben keine formale Qualifikation. Deshalb sind arbeitslose Zuwanderer und ihre Kinder besonders auf Weiterbildungen und andere Qualifizierungsmaßnahmen angewiesen. Dieses Angebot wurde aber in den vergangenen Jahren erheblich zusammengekürzt. Stattdessen werden arbeitslose MigrantInnen vermehrt in Arbeitsgelegenheiten vermittelt, deren Weiterbildungscharakter stark umstritten ist (siehe Interview).
Weniger Ausbildung
20 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in NRW haben keinen Hauptschulabschluss, bei den Deutschen sind es nur acht Prozent. 70 Prozent der Jugendlichen sind ohne Berufsausbildung. Am schlimmsten betroffen sind Jugendliche aus den Gastarbeiteranwerbestaaten Türkei, Italien und Jugoslawien. Für diese könnten die Arbeitsgelegenheiten zur Sackgasse werden.