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Archiv-Artikel

Plötzlich ist sie nur noch geduldet

Kölner Amt entzieht Iranerin den Asylstatus, weil sie Mitglied der Volksmudschaheddin ist. Mit demselben Argument war ihr Asylantrag vor zehn Jahren anerkannt worden

KÖLN taz ■ Im Chorweiler Bezirksrathaus wollte Fahtma M. (Name geändert) nur ihren blauen Pass verlängern. Er bescheinigt, dass ihr Asylgesuch 1994 anerkannte wurde. Doch nach halbstündiger Wartezeit bekam sie nur eine Fotokopie zurück. Darauf stand, dass sie künftig nur noch geduldet werde. Das heißt: Keine Arbeitserlaubnis mehr, keine staatliche Unterstützung mehr, und Köln darf sie auch nicht mehr verlassen, eine Abschiebung ist möglich. Das war im April 2003. Seitdem wohnt M. bei Freunden, ist von deren Unterstützung abhängig. Alle paar Wochen wechselt sie die Wohnung, weil sie ihnen nicht zu lange zur Last fallen will.

Die Begründung für die Aberkennung des Asyls kam Wochen nach dem Besuch auf dem Amt. Sie sei Mitglied der Volksmudschaheddin, die die EU nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu einer terroristischen Organisation erklärt hatte. Genau wegen ihrer Beziehungen zur Volksmudschahedin – deretwegen sie von den iranischen Behörden verfolgt wurde – war ihr Asylantrag anerkannt worden. Wie Fahtma M. geht es derzeit in Deutschland rund 35 Exil-Iranern, 12 von ihnen leben in Köln.

In Köln haben die Volksmudschaheddin mehrfach Demonstrationen gegen das iranische Mullahregime veranstaltet. Seit 1986 operierte die Oppositionsgruppe mit rund 3.800 Kämpfern vom Irak aus gegen die Machthaber im Iran, stellte diese Operationen aber während der jüngsten US-Invasion ein. Obwohl das US-Außenministerium die Volksmudschaheddin als „internationale Terrororganisation“ bezeichnet, stuften die USA sie als „nicht kämpfend“ ein und sprachen ihnen den Schutz der Genfer Konvention und des UN-Flüchtlingswerks zu.

Für Reinhard Marx, den Frankfurter Rechtswanwalt der 40-jährigen Fahtma M., ist der Umgang mit den in Deutschland lebenden Volksmudschaheddin nicht nur hinsichtlich dieser US-Entscheidung ein Unding. „Der Aberkennungsbescheid hat eine dürftige Grundlage und beruht auf schlampigen Untersuchungen. Es fand keine Einzelfallprüfung statt.“ Außerdem seien die Volksmudschaheddin in Deutschland nicht verboten, die Entscheidung daher mehr als fragwürdig. Im Falle Fahtma M. könne sich das Kölner Ausländeramt wohl kaum auf eine „Gefährdung der Bundesrepublik“ berufen. Sein Widerspruch liege noch beim Verwaltungsgericht.

Hinter der Aberkennung des Asylantenstatus sieht er politische Gründe: „vorauseilender Gehorsam gegenüber der EU“. Ein Grundpfeiler der EU-Außenpolitik seien gute Beziehungen zum Iran. Deshalb habe Brüssel die Volksmudschaheddin auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt. Mit einer Abschiebung in den Iran rechnet er allerdings nicht, da die Ausgewiesenen dort die Folter erwarte. In dieser Woche wollen die betroffenen Iraner bundesweit auf ihr Schicksal aufmerksam machen.

JÜRGEN SCHÖN