: Vorsorglich versicherte Verhandlungen
LBK-Verkauf: GAL erhebt schwere Vorwürfe gegen CDU-Finanzsenator. Wolfgang Peiner soll das bessere Kaufangebot abgelehnt haben. Rücktrittsforderung steht im Raum, selbst ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss droht
Von Marco Carini
Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) gerät immer mehr unter Druck. Bei den Verhandlungen um den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) soll seine Behörde kräftig manipuliert haben. So sei das Angebot der Asklepios-Klinikgruppe, die schließlich den Zuschlag erhielt, mehrfach geschönt worden sein; andererseits sei die lukrativere Offerte des Konkurrenten Helios schlechtgerechnet worden.
Zudem habe Peiner sich – entgegen eigener Darstellung – aktiv in die Verhandlungen eingemischt und strittige Details mit Asklepios-Chef Bernard Broermann selbst verhandelt. Beides gehe, so der GAL-Abgeordnete Jens Kerstan, eindeutig aus den Behördenakten hervor, die der Senat den Abgeordneten vorlegen musste.
„Beim LBK-Verkauf wurde ein Anbieter massiv bevorzugt“, interpretiert GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch die Aktenlage: „Senator Peiner gerät jetzt massiv unter Druck.“ Nach der heutigen Sitzung von Haushalts- und Gesundheitsausschuss zum Thema will die GAL entscheiden, ob sie einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) auf den Weg bringen will. Zuvor aber solle dem Senator vor dem Gremium die „letzte Möglichkeit“ gegeben werden, die Vorwürfe „lückenlos aufzuklären“.
Rechne man alle Positionen des komplizierten Deals zusammen, dann hat die Helios-Gruppe nach Ansicht der GAL ein Angebot vorgelegt, dass „im zweistelligen Millionenbereich“ besser war als die Asklepios-Offerte. Die Finanzbehörde habe jedoch Zinsen unterschiedlich berechnet und vergleichbare Risiken bei beiden Anbietern verschieden bewertet – und das stets zugunsten von Asklepios.
„Ich kann mir nicht vorstellen, wie Senator Peiner diese deutliche Bevorzugung erklären will“, blickt Kerstan auf die heutige Sitzung voraus. Insgesamt sei nach der stichprobenartigen Lektüre der 269 Ordner über die Verhandlungen bei ihm „der Eindruck entstanden, mit Helios wurden nur Scheinverhandlungen geführt“, fasst er zusammen.
Deutliche Hinweise gibt es in den Akten laut Kerstan auch darauf, dass Peiner sich viel intensiver an den Verhandlungen beteiligt hat als bislang zugegeben. Der Senator habe in der Endphase nicht nur an allen Sitzungen teilgenommen, sondern auch mehrfach im Vier-Augen-Gespräch mit Broermann über Details verhandelt – und zwar zum Nachteil der Stadt.
Pikant daran: Peiner und Broermann kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit bei der Gothaer Versicherung. Eben deshalb habe er sich „vorsorglich“ – so hatte der Finanzsenator stets betont – „nicht an den Verhandlungen beteiligt“.
Zudem beklagt die GAL, dass die Verkaufsakten vom Senat „unvollständig vorgelegt wurden“, so dass „ein komplettes Bild der Vorgänge um den LBK-Verkauf auf dieser Basis nicht entstehen“ könnte. So sei aus den Akten „nicht zu ersehen“, ob eine systematische Abwägung beider Angebote stattgefunden habe, und wer schließlich entschied, nur mit Asklepios ein unterschriftsreifes Vertragswerk auszuhandeln. „Wir werden es uns nicht gefallen lassen, nur in eine vorsortierte Aktenauswahl Einblick nehmen zu können“, kündigt Kerstan an.
Dass Peiner alle Vorwürfe heute im Ausschuss vollständig entkräften kann, davon geht Kerstan „nicht aus“. Hinter den Kulissen haben sich SPD und GAL für diesen Fall bereits auf die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zum LBK-Verkauf verständigt, der in monatelanger Kleinarbeit die Aktenberge durchleuchten wird. Unklar ist vor der heutigen Sitzung nur eines: Ob beide Oppositionsparteien auch den Kopf des Finanzsenators fordern werden.