Weiterbildung wird gekürzt

Die Kommunen, die sich für die Umsetzung der Hartz IV-Gesetzgebung in Eigenregie entschlossen haben, sparen Geld. Eigentlich sollten damit Weiterbildungen und Qualifizierungen bezahlt werden

VON ELMAR KOK

Der Kreis Steinfurt rechnet bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen durch gemeinnützige Träger mit der Entstehung von „Mehrwert“. Und möchte sich deshalb Geld sparen, das eigentlich zur Weiterbildung und Qualifizierung der Ein-Euro-Jobber eingesetzt werden sollte. „Wenn jemand beispielsweise in einem Altenheim eine ergänzende Hausmeistertätigkeit wahrnimmt, dann entsteht dem Träger dadurch ein Mehrwert“, sagt Paul Jansen, im Kreis Steinfurt zuständig für die Verwaltung der so genannten ‚Brückenjobs‘, mit denen Langzeitarbeitslose über eine sechs- bis neunmonatige Tätigkeit an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen.

Wenn bei den Trägern ein Mehrwert entstehe, sagt Jansen, müsse der Kreis für die Maßnahme selber nichts bezahlen. Daher wollten die Steinfurter in solch einem Fall nur den Euro für den Teilnehmer der Maßnahme überweisen, nicht aber den Euro, die für Brückenjobs mit zusätzlicher Qualifizierung eigentlich dem Träger zugute kommen sollen. Der Kreis Steinfurt gehört in Nordrhein-Westfalen zu den zehn so genannten Optionskommunen, die sich dafür entschieden haben, die Hartz IV-Gesetzgebung in Eigenregie durchzuführen. Für Maria Loheide, Geschäftsführerin des Bereichs Familie, Bildung und Arbeit des Diakonischen Werks in Westfalen, geben die Optionsgemeinden nur einen Trend vor, der sich auch in allen anderen Kommunen durchsetzen werde. „Die optierenden Kreise sind mit ihrer Planung nur schon viel weiter“, sagt sie. Letztlich werden die Träger für Qualifikationen und Weiterbildung die Auswirkungen zu spüren bekommen, vermutet Loheide. „Der Markt für die Weiterbildung ist insgesamt schwierig, alle kämpfen um die Plätze für Qualifizierungen.“

Auch die Kreise Borken und Coesfeld sorgen für Unruhe bei den dortigen Weiterbildungsträgern. Sie wollen die Langzeitarbeitslosen mit eigenen Maßnahmen weiterbilden. Die Beschäftigungsgesellschaften der kirchlichen Träger sollen leer ausgehen. Deshalb haben die Kirchenleute angekündigt, keine Arbeitsgelegenheiten mehr anzubieten, sollten sie nicht auch an der Weiterbildung der Langzeitarbeitslosen verdienen können.

Ulrich Thien, Referatsleiter für Soziale Arbeit der Caritas in der Diözese Münster, sagt, die Kommunen wollten an der Qualifizierung der Ein-Euro-Jobber sparen, da sie noch gar nicht wüssten, wie sie mit den Mitteln aus dem Haushalt für das Arbeitslosengeld II zurecht kämen. Denn den Kommunen werde ein Gesamthaushalt für alle Maßnahmen seitens der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellt. Dass in diesem Haushalt ein gewisser Handlungsspielraum liege, könne für die Ein-Euro-Jobber von Nachteil sein, „sie haben kein gesetzliches Anrecht auf Qualifizierung“, so Thien. Ursprünglich war vorgesehen, rund 300 Euro für Qualifizierung und Beschäftigung pro Klient auszugeben. Das Geld werde aber momentan nicht ausgeschüttet, sagt Thien. „Die Kommunen warten erst einmal, was da noch auf sie zukommt.“

Zudem versuchen Städte und Gemeinden, die Qualifizierung und Weiterbildung mit eigenen Mitarbeitern zu organisieren. Der Kreis Steinfurt hat schon 12,5 Stellen besetzt, von denen jede „75 Brückenjobs akquirieren und verwalten soll“, wie Jansen sagt. Insgesamt sollen 15 so genannte Fallmanager eingestellt werden, „alle mit sozialpädagogischem Hintergrund“, die für die Qualifizierung sorgen sollen. Im Hochsauerlandkreis, auch eine Optionskommune, ist das Ausmaß der Qualifizierungen noch gar nicht klar. Martin Reuther, Pressesprecher des Kreises, sagt „wir müssen die Handlungsfähigkeit erst herstellen“. Dabei wolle der Kreis aber mit den drei Caritasverbänden der Region zusammenarbeiten.

Dass andere Kommunen sich an die kirchlichen Weiterbildungsträger wenden, hofft auch Nikolaus Immer vom Diakonischen Werk der evangelischen Kirche im Rheinland. „Macht die Arbeitsgelegenheiten nicht einzeln“, fordert Immer die Kommunen auf, appelliert er. „Wir haben an sehr vielen Orten Beschäftigungsgesellschaften“, die sich seit Jahren mit Qualifizierung beschäftigten.