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Archiv-Artikel

Was am 23.1.2005 in Göttingen geschah

Von hsc

Um 1.16 Uhr in der Nacht zum Sonntag, den 23.1.2005, ging der erste Notruf bei der Göttinger Berufsfeuerwehr ein. Neunzig weitere folgten im Sekundentakt. Den aufgeschreckten GöttingerInnen bot sich zu diesem Zeitpunkt im Herzen der Stadt ein dramatisches Bild: Der Nordturm der altehrwürdigen St. Johanniskirche brannte lichterloh. Brandstiftung, wie sich schnell herausstellte.

Schnelles Handeln war gefragt, denn der Turm drohte zu kippen. Durch das Eingreifen der Feuerwehr konnte dieses Schreckensszenario abgewendet werden. Und das trotz widrigster Umstände: Die Turmhöhe beträgt 72 Meter, die Drehleitern der Feuerwehr reichen an diese Höhe nicht heran. Deshalb müssen Gebäude ab bestimmten Höhen strengen baulichen Anforderungen genügen, was allerdings nicht für gotische Kirchtürme gilt – die Rettungsmannschaft musste mit Überdruck in den Schläuchen arbeiten. Da in der Spitze des Turms überwiegend langsam verbrennendes Eichenholz verbaut worden war, konnte das Feuer rechtzeitig gelöscht werden. 23 Innenstadtbewohner waren sicherheitshalber evakuiert worden.

Eine aufmerksame Touristin hatte die Täter beobachtet und half der Polizei, die 15 und 19 Jahre alten Schüler schnell zu stellen. Beide gestanden noch am Sonntag die Tat. Das Motiv ist bisher unbekannt. Die Göttinger Polizei gab mittlerweile bekannt, dass der 19-jährige Haupttäter vor einiger Zeit als Praktikant bei einer der Firmen beschäftigt war, die die Sanierungsarbeiten am Turm vornahmen. Wegen Fluchtgefahr wurde er inhaftiert. Den Geständigen drohen nun Haftstrafen und Regressforderungen vom Versicherer. Neben dem 15-Jährigen könnte allerdings auch der 19-jährige Schüler unter das Jugendstrafrecht fallen, so dass dem Gericht ein breiter Ermessensraum für das Urteil bleibt.

Die genaue Höhe des Schadens ist noch nicht bekannt, wird sich aber nach Schätzungen auf mehrere Millionen Euro belaufen. Durch das sanierungsbedürftige Dach der Kirche drang während der Löscharbeiten viel Wasser ein. Der für die Gebäude der Landeskirche zuständige Versicherer hat signalisiert, den entstandenen Schaden zunächst zu begleichen.

hsc