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Archiv-Artikel

In den Klauen von BP

Wie eine uneinige Koalition aus Ölkonzernen und Bremer Umweltressort die Ansiedlung eines Bauunternehmens am Bremer Ölhafen behindert

Bremen taz ■ Ja, sie würde sich gerne in Bremen ansiedeln. Würde gut eine Million Euro auf den Tisch legen, für eine leer stehende Industriebrache, würde dort Arbeitsplätze schaffen, Steuern zahlen. Sechs Monate liegt der unterzeichnete Kaufvertrag bereits auf dem Tisch. Doch die Matthäi Bauunternehmen GmbH & Co. KG kommt nicht zum Zuge. Zwei große Ölkonzerne und das Bremer Umweltressort verhindern das – in einer wenn auch uneinigen Koalition.

Hintergrund der Blockade sind 570.000 Tonnen kontaminierten Bodens, die die Umweltschutz-Nord bei ihrer Insolvenz auf ihrem ehemaligen Firmengelände am Ölhafen hinterlassen hat. 12 Millionen Euro soll die Entsorgung der illegalen Deponie kosten. Wer die zahlen muss, ist strittig. Und der Matthäi-Deal das Faustpfand.

Für die Beseitigung des Gifts verantwortlich ist nach dem Abfallrecht entweder die Verursacherin oder die Grundstückseigentümerin. Bei Umweltschutz-Nord, beteuert Insolvenzverwalter Dirk Rüffert, sei nichts mehr zu holen. „Glaubwürdig“, urteilte das Umweltressort. Und wandte sich an die Deutsche BP. Binnen 24 Monaten, so ordnete die Behörde im November an, sei die illegale Deponie zu beseitigen. BP legte umgehend Widerspruch ein. Nicht sie, sondern ExxonMobil sei Eigentümerin des Grundstücks. ExxonMobil dagegen beteuert, dass das Grundstück „derzeit formal der BP zuzurechnen“ sei.

Vom Streit um die Eigentümerschaft einmal abgesehen sprechen die Ölkonzerne mit einer Stimme – und schieben den schwarzen Peter einmütig der Bremer Umweltbehörde zu. Die hätte schließlich mitbekommen haben müssen, wie Umweltschutz-Nord ohne Genehmigung bergeweise Material auf dem Gelände anhäufte – und dieses unterbinden können. Für die Folgeschäden ihrer eigenen Schludrigkeit könne sie jetzt nicht andere haftbar machen.

In dem 1994 geschlossenen Vertrag, der die Ansiedlung von Umweltschutz-Nord und die Dekontamination des Geländes regelte, hat sich Bremen zudem verpflichtet, im Falle einer Insolvenz von Umweltschutz-Nord die Bodensanierung des gesamten Grundstücks auf eigene Kosten zu beenden. Nach Auffassung beider Ölkonzerne erstreckt sich diese Sanierungspflicht auch auf die illegal angelegte Deponie darauf.

Man würde Bremen das komplette Gelände für den symbolischen Preis von einem Euro überlassen, boten die Ölkonzerne an. Einzige Bedingung: Die Stadt müsse alle Sanierungsverpflichtungen übernehmen. In diesem Fall, signalisierten BP und ExxonMobil, wäre auch die Frage der Eigentümerschaft ganz schnell geklärt. Bremen lehnte ab.

Das Interesse von Matthäi an dem vorderen, nahezu komplett dekontaminierten Teil des Grundstücks – die Deponie liegt auf dem hinteren –, spielte den Ölmultis unverhofft ein Druckmittel in die Hand. Einem Geländeverkauf nämlich müssen sie zustimmen – und das wollen sie nur, wenn sie dabei das ganze Grundstück einschließlich der Deponie loswerden. Eine „kleine Lösung“, nur für den vorderen Teil, komme nicht in Frage, teilten BP und Exxon der Stadt unisono mit.

Insolvenzverwalter Rüffert könnte die Million, die der Deal mit Matthäi einspielen würde, gut gebrauchen. Die für den Teilverkauf nötige Zustimmung der Ölmultis würde er notfalls auch einklagen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Bremen ihm den Abschluss der Bodensanierung für den fraglichen Grundstücksteil attestiert. Dort aber muss noch einige Jahre das Grundwasser abgepumpt und gereinigt werden. Ein Drittel der Verkaufseinnahmen hat Rüffert der Stadt dafür angeboten, die hat noch nicht reagiert. Weswegen Matthäi bislang nicht zu den Bremer Firmen zählt.

Armin Simon