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Archiv-Artikel

DIE TEILNEHMER DER TSUNAMI-KONFERENZ STREITEN ÜBER ZUSTÄNDIGKEITEN Gerangel auf Kosten der Menschen

Thailand ist zu weit vorgeprescht: Ginge es nach dem Willen der Regierung, würde das in Bangkok ansässige und von den Vereinten Nationen gesponserte Katastrophenschutzzentrum ADPC zum regionalen Zentrum für ein Tsunami-Frühwarnsystem ausgebaut werden. Doch die meisten Konferenzteilnehmer mochten diesem Begehren nicht zustimmen. Nicht weil sie an den Fähigkeiten des ADPC zweifelten. Sondern weil sich Länder wie Indien und Indonesien von diesem Vorstoß überfahren fühlten. Außerdem haben sie ganz eigene Vorstellungen von einem Warnsystem. Angesichts der bevorstehenden Wahlen in Thailand erweckte der Vorschlag den Anschein, dass die Regierungspartei unter Premier Thaksin Shinawatra die Nachwehen der Tsunami-Katastrophe politisch für sich zu instrumentalisieren versuchte.

Politische Befindlichkeiten bestimmten die Debatten der Tsunami-Konferenz auf Phuket. Immerhin waren sich die Teilnehmer noch einig, dass ein Warnsystem für die Region dringend gebraucht wird. Die Weltgemeinschaft hat nach der Katastrophe vom 26. Dezember rasch reagiert. Nur innerhalb eines Monats hat sie mindestens drei wichtige internationale Konferenzen abgehalten: im indonesischen Jakarta, im japanischen Kobe und am vergangenen Wochenende im thailändischen Phuket. Vorläufiges Ergebnis: festgebissen im Kompetenzgerangel.

Zu verstehen ist das nicht. Zumal sich viele Anrainerstaaten des Indischen Ozeans über die Zuständigkeiten prinzipiell einig sind: Ein federführendes regionales Zentrum soll die Informationen übermitteln. Die konkrete Katastrophenwarnung hingegen, die auch eine politische Verantwortung beinhaltet, müsste vom betroffenen Land ausgesprochen werden. Dementsprechend ergibt es Sinn, die bereits vorhandenen nationalen Zentren zu stärken. Dies hat beispielsweise das erdbebengeplagte Indonesien vorgeschlagen. Die verantwortlichen Länder sollten jetzt möglichst bald zu einem Entschluss kommen. Ein Spiel auf Zeit können sie sich nicht leisten. Es geht um Menschenleben. NICOLA GLASS