: Wirtschaftskrise kriselt in Berlin
KONJUNKTUR Für die Industrie ist es im ersten Quartal bergab gegangen – aber weniger als bundesweit
Der Einzelhandel macht weniger Umsatz, die Zahl ausländischer Besucher geht zurück, die Aufträge im Baugewerbe brechen ein: Berlin bekommt die Wirtschaftskrise mit Wucht zu spüren. Aus dem am Donnerstag veröffentlichten Konjunkturbericht für das erste Quartal 2009 geht hervor, dass einzelne Industriezweige sowie vor allem Einzelhandel und Gastgewerbe mit den Folgen des weltweiten Abschwungs kämpfen. Anzeichen auf Besserung sieht Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) angesichts dieser Zahlen nicht. „In der Industrie dürfte die Lage in den kommenden Monaten angespannt bleiben“, erklärte er. Zugleich verwies er darauf, dass Berlin im bundesweiten Vergleich noch glimpflich davonkomme.
In der Industrie gingen die Umsätze gegenüber dem vorangegangenen Quartal um 12,6 Prozent zurück – was die Auftragseingänge aus den Monaten zuvor bereits vermuten ließen. In besonders krisengeschüttelten Zweigen, etwa bei Autozulieferern, brachen die Umsätze zum Teil um mehr als 50 Prozent ein. Stabilisierend wirkte da die für das Land bedeutsame Pharmabranche, die ein Plus von 28 Prozent verzeichnete.
Im Baugewerbe gingen die Auftragseingänge weiter zurück und sanken um mehr als 11 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Aufträge gelten wegen ihrer Aussagekraft über die weitere Entwicklung als wichtigste Kennziffer der Branche. Entgegen dem Eindruck, dass die Berliner unverdrossen weiter einkaufen, und trotz günstiger Preisentwicklung gingen die Umsätze im Einzelhandel um real 2,6 Prozent zurück. Die Senatsverwaltung führt dies auf das gedämpfte Konsumklima und die Unsicherheiten am Arbeitsmarkt zurück. Auch die Zahl der übernachtenden Touristen sank, aber nur um 0,9 Prozent. Im Vergleich zur bundesweiten Entwicklung (minus 5,6 Prozent) war dieser Rückgang moderat.
Senator Wolf sah auch die Kurzarbeitsbranche als Indiz für die vergleichsweise erträgliche Situation in Berlin. Zwar gebe es im Land 10.800 Personen in Kurzarbeit, auf Bundesebene sei die Zahl aber in Relation zur Gesamtbeschäftigung etwa viermal so groß, sagte er.
Die Industrie- und Handelskammer stimmte der Einschätzung des Senats im Grundsatz zu. Die breit gefächerte Wirtschaftsstruktur Berlins erweise sich nun als Vorteil, sagte die zuständige Bereichsleiterin Petra König. „Die Stärken liegen in der Hochtechnologie und der Gesundheitswirtschaft – und von dort kommen zumindest verhalten positive Signale.“ Diese Branchen seien weniger konjunkturabhängig und mittelständisch geprägt, erklärte König die im bundesweiten Vergleich moderate Lage in Berlin. KRISTINA PEZZEI