: Europas Frist läuft ab
Im Krach um FFH-Schutzgebiete endet heute der von der Kommission für Nachmelder gesetzte letzte Termin. Nur Niedersachsen macht Probleme, EU hält drakonische Strafzahlungen für realistisch
Die Meldung ist eine Mail. „Die habe ich schon am Mittwoch nach Berlin geschickt“, sagt Christian Eberl so ungerührt, als hätte es um dieses Schreiben noch nie Krach mit der EU, Ökologen oder Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gegeben. Viele sagen, die Mail, die der Staatssekretär im niedersächsischen Umweltministerium ins Bundesumweltministerin gesendet hat, könnte Strafgelder in Höhe von 790.000 Euro täglich nach sich ziehen. Das sind die EU-Strafen, die im Raum stehen, wenn nicht genug Schutzgebiete gemäß der Fauna Flora Habitat-Richtlinie (FFH) nach Brüssel gemeldet werden.
Gestern lief die Frist für den letzten Termin, den die EU FFH-Nachzüglern gesetzt hatte, endgültig ab. Eigentlich hätten die Bundesländer schon 1995 ihre Gebiete nach Brüssel melden müssen. Weil die EU mit besagten Zwangsgeldern droht, haben alle Bundesländer noch mal kräftig nachgemeldet. Schleswig-Holstein gab einen Teil der nordfriesischen Halbinsel Eiderstedt vorerst nur nicht als FFH-Vogelschutzgebiet an, weil noch vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig eine Klage läuft.
„Probleme gibt es eigentlich nur mit Niedersachsen“, sagt Trittins Sprecher Thomas Hagbeck. Zwar hat auch Bremen inzwischen auf die Meldung seines Teils der Wesermündung verzichtet. Allerdings geht es dem Grünen Trittin wohl vorrangig darum, das schwarz-gelbe Niedersachsen an den Pranger zu stellen. Das hat zwar eine Liste mit 253 FFH-Gebieten vom Reiherbachtal bis zum Wisentgehege im Solling vorgelegt. Allerdings fehlen zwei: Die Ems- und die Wesermündung. Im vergangenen Jahr hat die Kommission bei einem Meeting in Brüssel den Niedersachsen noch mal klar gemacht, dass auch diese Mündungen zu melden sind. „Fachlich ist das Quatsch“, behauptet hingegen Staatssekretär Eberl. Niedersachsen habe der Kommission jetzt insgesamt 22.000 Hektar dieser so genannten Ästuare als schützenswert angegeben, davon seien fast 6.000 Hektar nachgemeldet worden. „Die Elbmündung reicht als repräsentatives Mündungsgebiet“, behauptet Eberl. Und: „Wir haben das europäische Recht eins zu eins umgesetzt“. Und selbst wenn nicht: Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat wohl auch nichts dagegen, die Sache vor Gericht auszufechten. Immerhin gibt es inzwischen leichte Bewegung. Heute hat das Kabinett in Hannover die FFH-Gebiete auf dem Tisch. Dabei wird auch eine Rolle spielen, ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Frankreich im Auge zu behalten, bei dem es um nicht gemeldete Mündungen von Gironde, Loire und Seine geht. Es ist zu befürchten, dass bei einer Strafe renitente Melder auch rückwirkend zahlen müssen.
„Eine Strafe ist durchaus realistisch“, sagt Barbara Helffrich, Sprecherin von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas und nennt die 250.000 Euro, zu denen die Griechen in einer anderen Causa verdonnert worden sind. Frühestens Ende des Jahres könnte der Europäische Gerichtshof die Deutschen FFH-Sünder verurteilen, so Helffrich. „Herr Trittin hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er eine Strafe sofort nach Niedersachsen weiterreichen wird“, sagt dessen Sprecher Hagbeck. Kai Schöneberg