: Bürger entscheiden über Brief an die Unesco
TEMPELHOF Bürgervotum am Sonntag soll Flughafen auf Welterbe-Liste verhelfen. Auswirkungen gering
Abstimmungsleiter Brochwitz
Die Tempelhof-Nostalgiker treten wieder auf den Plan. Mit dem Volksbegehren zum Weiterbetrieb hat es nicht geklappt, nun soll gerettet werden, was noch zu retten ist: Am Sonntag stimmen die Wahlberechtigten im Bezirk Tempelhof-Schöneberg darüber ab, ob das Flughafenareal unter den besonderen Schutz der Unesco gestellt werden soll. „Der Zentralflughafen Berlin-Tempelhof ist ein Denkmal von nationalem und internationalem Rang und als solches dauerhaft zu erhalten und zu schützen“, heißt es in dem Abstimmungstext.
Hinter dem Bürgerbegehren steht „be-4-tempelhof“, ein Zusammenschluss von mehr als 60 Menschen weitgehend aus dem Bezirk. „Es ist ein Ort, an dem Weltgeschichte geschrieben wurde“, begründete Sprecher Michael Paul das Engagement. Daher reiche ein herkömmlicher Denkmalschutz nicht aus. „Be-4-tempelhof“ will die Tempelhof-Schöneberger auch darüber abstimmen lassen, ob sich das Bezirksamt für eine Nutzung Tempelhofs als Regierungs-, Rettungs- und Ausweichflughafen einsetzen soll. Der Flächennutzungsplan soll nach dem Willen des Bündnisses auf den Stand von 1984 zurückgeführt und jede Bebauung, die nichts mit dem Flugbetrieb zu tun hat, untersagt werden
Die Initiatoren hatten mehr als 7.500 gültige Unterschriften gesammelt und damit den Weg frei gemacht für den Bürgerentscheid. Ist dieser erfolgreich, entspricht er einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Konkrete Auswirkungen dürfte er gleichwohl erst einmal nicht haben. „Die Leute wollen etwas, das der Bezirk gar nicht beeinflussen kann“, stellte der stellvertretende Abstimmungsleiter Michael Zöpel-Brochwitz klar. „Der Bezirk muss den Beschluss nehmen und die entsprechenden Behörden anschreiben, und das würde er auch tun.“
In der zuständigen Stadtentwicklungsverwaltung gibt man sich zurückhaltend. „Ein Unesco-Status für Tempelhof steht für uns derzeit nicht zur Diskussion“, sagte Sprecher Marko Rosteck. Er verweist darauf, dass das Flughafenareal bereits denkmalgeschützt sei. Priorität bei den Vorschlägen für die Unesco genieße der Jüdische Friedhof Weißensee, sagte Rosteck.
Auch der stellvertretende Generalsekretär der deutschen Unesco-Kommission, Dieter Offenhäußer, gibt sich bedeckt. Zunächst müssten ohnehin alle lokalen Denkmalschutzvoraussetzungen erfüllt sein, sagte er der taz. Die Unesco sei nicht dazu da, den lokalen Denkmalschutz zu stellen.
Um die geringen Chancen für eine Umsetzung der Forderungen weiß wohl selbst Initiativen-Sprecher Paul. „Wir wollen einen Anstoß geben, dann sehen wir, wie die Reaktionen sind“, sagte er lediglich auf die Frage nach den Erfolgsaussichten für die Inhalte des Bürgerentscheids. Auch mit Prognosen über den Ausgang der Abstimmung am Sonntag hielt er sich zurück. „Wir machen uns gewisse Hoffnungen.“
KRISTINA PEZZEI