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Archiv-Artikel

„Gegen die deutsche Serie“

Bei Vox hat man sich für US-amerikanische Serien entschieden. Doch manchmal ist selbst Vox-Chefin Antje Schäferkordt überrascht vom Erfolg, den ihr Sender mit „CSI“ oder „Gilmore Girls“ hat

INTERVIEW CHRISTOPH SCHULTHEIS

taz: Frau Schäferkordt, was ist derzeit Ihre persönliche Lieblingsserie im deutschen Fernsehen, die nicht bei Vox läuft?

Antje Schäferkordt: „Emergency Room“ auf Pro 7, obwohl mir die Serie nicht nur aus persönlichen Gründen, sondern auch aus professioneller Sichtweise gefällt.

Und was ist mit Vox?

Es wird Sie nicht überraschen, aber tatsächlich läuft die Serie, die mir zurzeit am besten gefällt, auf Vox: die „Gilmore Girls“. Ansonsten natürlich auch „Six Feet Under“, aber da ist ja gerade Pause bis zur nächsten Staffel.

Gefallen Ihnen die Serien persönlich oder professionell?

Die Produktionsqualität und die schauspielerischen Leistungen etwa bei den „Gilmore Girls“ sind einzigartig. Da kann kaum eine deutsche Serie mithalten – nicht zuletzt wegen der hierzulande vergleichsweise limitierten Budgets. Darüber hinaus unterhält „Gilmore Girls“ auf einem sehr intelligenten Niveau, ohne elitär zu sein.

Sind Niveau und Qualität entscheidend für den Erfolg?

Noch wichtiger ist ein hohes Identifikationspotenzial. Unmittelbar vor den „Gilmore Girls“ läuft am Nachmittag auf Vox „Eine himmlische Familie“. Und obwohl sich die Serien deutlich voneinander unterscheiden, spiegeln beide auf ihre Art Lebenswelten wider, die für unsere Zuschauer um diese Uhrzeit interessant sind.

Wie kommt’s überhaupt, dass Vox immer so tolle Serien im Programm hat?

Ganz einfach: Wir lieben Serien! Als Sender der zweiten Generation war es für uns eine strategische Entscheidung, in dieses Genre zu investieren – und möglichst die besten Serien im amerikanischen Markt zu kaufen. Die großen Sender RTL und Sat.1 und eine Zeit lang auch Pro 7 haben sich ein wenig zurückgezogen aus diesem Bereich. Das haben wir als einmalige Chance gesehen. Denn der Wettlauf um die besten US-Serien war in den letzten Jahren nicht mehr so stark wie vor sechs, sieben Jahren.

Warum? Wollen die Zuschauer keine US-Serien mehr sehen?

Im Gegenteil. Mit der Krimiserie „CSI“ beweisen wir, dass wir Marktanteile erzielen können wie manche deutsche Serien. Über 15 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe – ich gebe zu, das hat sogar uns überrascht. Aber „CSI“ ist eine Ausnahme. Wenn man wie RTL oder Sat.1 höhere Marktanteile anstrebt, dann ist das mit US-Serien kaum zu schaffen. Da müssen Sie adaptierte Inhalte für den deutschen Markt anbieten. Vox hat sich konsequent gegen deutsche Serien entschieden – und das nicht nur aus finanziellen Gründen.

Funktioniert jeder US-Trend auch im deutschen Fernsehen?

Nicht immer. Außerdem kauft man als deutscher Sender ja auch oftmals Serien, die selbst in den USA noch nicht angelaufen sind. Da wissen wir im Zweifelsfall nicht mal, ob die Auftaktstaffel überhaupt vollständig zu Stande kommen. Nicht alles, was in den USA dann gut läuft, funktioniert auch hier. Dafür gibt es absolut keine Garantie.

Wenn es aber keine Garantie für den Erfolg gibt, dann haben Sie doch bestimmt auch schon mal daneben gelegen, oder?

Ja, natürlich. Mit „Third Watch“ zum Beispiel. Die Serie war ähnlich angelegt wie „Emergency Room“, sehr schnell, mit mehreren parallelen Erzählebenen. Sie lief montags um 21 Uhr – leider weit unter unseren Erwartungen. Dennoch halten wir sie nach wie vor für eine sehr starke Serie.

Womöglich war Deutschland noch nicht reif dafür.

Sie meinen: Vox hat es richtig gemacht, aber der Zuschauer nicht? Nein! Ich möchte mich auf keinen Fall über den Zuschauer beschweren. Er ist in den letzten Jahren eher auf unserer Seite.

Bei „Six Feet Under“ aber lässt er sie im Stich. Nachdem die Serie auf 22.15 Uhr vorverlegt wurde, sank der Marktanteil von zehn auf zuletzt unter fünf Prozent.

„Six Feet Under“ lag mit durchschnittlich 5,9 Prozent in 2004 immer noch über dem Senderschnitt und entspricht damit den Erwartungen. Aber anders als „CSI“ ist „Six Feet Under“ eine echte „Kritikerserie“. Der Zuschauer muss sich einlassen auf die Geschichten und die Charaktere. „Six Feet Under“ ist eher ein Programm für eine anspruchsvolle Nischenzielgruppe.