Ein dummes Eigentor und ein zweifelhafter Elfmeter

Obwohl die Hoyzer-Affäre täglich neue Informationen bringt, ist es um RW Oberhausen ruhig geworden. Im Dezember wurde der Zweitligist verdächtigt, ein Spiel verschoben zu haben. Beim Spiel in Aue produzierten die Oberhausener Tiéku und Izepon einen Elfmeter und ein Eigentor

„Dämliche Eigentore wird es immer geben“, mein RWO-Anwalt Horst Klettke

OBERHAUSEN taz ■ Anthony Tiéku und Andre Izepon sind genervt. Mit abweisenden Gesten lassen die beiden Fußballer des Zweitligisten Rot-Weiß Oberhausen unmissverständlich wissen, dass sie nicht mehr gewillt sind, Fragen über mutmaßliche Wettmanipulationen zu beantworten. Ihr Trainer Eugen Hach kann das verstehen. „Immer wieder kommen irgendwelche Kamerateams bei uns vorbei und stellen Fragen, die auf Wett-Skandale abzielen“, sagt Hach. Dabei gebe es doch wirklich wichtigere Dinge. Heute tritt RWO zum Derby beim MSV Duisburg an. Tiéku und Izepon sollen dann auflaufen.

Am 12. Dezember war das Duo im Auswärtsspiel in Aue ebenfalls dabei. Oberhausen verlor 0:2; unter anderem weil Tiéku ein Eigentor markierte und Izepon einen Foulelfmeter verschuldete. Als kurz darauf einige Wettbüros unverhältnismäßig hohe Wetteinsätze auf einen Auer Sieg beklagten, wurde von Manipulation gesprochen – sechs Wochen vor der Hoyzer-Affäre. RWO kontaktierte den Frankfurter Rechtsanwalt Horst Klettke, eilig wurde bei der Staatsanwaltschaft Duisburg Strafanzeige wegen Verleumdung gegen Unbekannt eingereicht und dem DFB das Interesse an einer schnellen Aufklärung der Sachlage mitgeteilt. Nach Auskunft des DFB-Kontrollausschuss-Vorsitzenden Horst Hilpert gab es damals „keinen Ansatz für eine Anklage“ seitens des DFB.

Sieben Wochen ist das jetzt her, am Sachverhalt hat sich nichts geändert. Obwohl durch Hoyzer bedingt längst viele Partien und Personen im Zusammenhang mit Manipulation genannt werden, ist es um das RWO-Gastspiel in Aue ruhig geworden. „Mir sind keine neuen Erkenntnisse bekannt“, sagt Klettke. Wirklich überrascht ist er deswegen nicht. Die Materie sei unübersichtlich, „so was braucht Zeit“, meint der Rechtsanwalt. Die Duisburger Staatsanwältin Gisela Gold-Pfuhl lässt derweil ausrichten, dass man momentan jede Menge Arbeit habe und dass der mutmaßliche „Fall RWO“ nur einer von tausenden Vorgängen sei, die zur Bearbeitung stünden.

Klettke wertet das als positives Zeichen. Da bis jetzt nichts bekannt wurde, seien auch keine Hinweise auf eine Manipulation durch Oberhausener Spieler vorhanden. „Die Staatsanwaltschaft wird ihre Arbeit gewissenhaft verrichten und bekommt von uns jede Unterstützung, wenn sie diese benötigt“, sagt Klettke. Bis jetzt war das offenbar nicht der Fall. Die verdächtigten Spieler wurden weder für eine Befragung vorgeladen noch fanden Hausdurchsuchungen statt.

Wenn im Fernsehen über Wettmanipulationen berichtet wird, flimmert dennoch regelmäßig Tiékus Eigentor über den Bildschirm. Weiß da etwa einer mehr jemand mehr, ist die Wett-Mafia auch außerhalb Berlins, sei es in Hagen oder sonst wo, aktiv? Ärgerlich seien derlei Berichte und die entsprechenden Assoziationen, „wir hätten aber viel zu tun, wenn wir da immer hinterher laufen würden“, meint Klettke. RWO-Präsident Hermann Schulz wurmt das schon eher. „Der Imageschaden ist groß, die Verdächtigungen sind doch Rufmord“, meint Schulz, der weiter „beide Hände für meine Spieler ins Feuer legt.“

Klettke vernimmt in diesem Zusammenhang „eine allgemeine Schwangerschaft gegen alles und jeden. Herr Hoyzer hat offensichtlich einiges angestellt. Jetzt wird versucht, Zusammenhänge herzustellen.“ Ist es aber nur Zufall, dass kurz nach dem „Fall RWO“ direkt ein Schiedsrichter-Skandal mit beträchtlichen Ausmaß ins Rollen kam? Weil er es nicht besser wisse, will Klettke keinen direkten Bezug ableiten. „Ohne vernünftige Tatsachen können wir uns kein Urteil bilden“, glaubt der Rechtsanwalt, verweist aber darauf, dass „wir ja nur mit Tageserkenntnissen arbeiten. Alle Welt vermutet Zusammenhänge, im Gegensatz zur Hoyzer-Affäre hat sich bei Aue – RWO aber noch kein Verdacht erhärtet.“ Man könne eben nicht auf Manipulation schließen, nur weil ein Eigentor Grundstein einer Niederlage war. „Dämliche Eigentore wird es immer geben“, meint er.

Klettke will abwarten. Über zu wenig Arbeit kann er sich ohnehin nicht beklagen. Der Rechtsanwalt vertritt auch die Vereine Greuther Fürth und Wacker Burghausen, die Einspruch gegen die Wertungen ihrer Partien gegen den MSV Duisburg (Fürth) und LR Ahlen einlegten. „Es gibt viel Material zu beackern“, sagt er. Andere Fälle sind das, zumal hier noch vieles unklar ist. „Oberhausen hat seine Akten gläsern gemacht. Am Status des Verfahrens hat sich seit Dezember nichts geändert“, sagt Klettke. Einfluss auf die Ermittlungen habe er keine. Tiéku und Izepon werden wohl noch länger mit genervtem Gesichtsausdruck und Unschuldsmiene herumlaufen müssen. ROLAND LEROI