: Feiern nur mit Pappbechern
GLASFLASCHENVERBOT Am Wochenende soll es auf der Reeperbahn und den benachbarten Straßen keine Glasflaschen mehr geben, beschließt der Hamburger Senat. Umgesetzt wird das Verbot durch Großkontrollen
Das – laut dem damaligen Innensenator Udo Nagel (parteilos) – schärfste Polizeigesetz Deutschlands bescherte der CDU-Senat Hamburg im Jahr 2005. Es gestattet der Polizei verdachtsunabhängige Personen- und Taschenkontrollen, wovon seither rege Gebrauch gemacht wird.
■ Seit 2006 werden die Reeperbahn sowie angrenzende Kreuzungen zur „Gefahrenabwehr“ videoüberwacht – Flanieren ist nur unter Polizeiaufsicht möglich.
■ Seit Dezember 2007 besteht rund um die Reeperbahn ein generelles Waffenverbot, das durch Großkontrollen durchgesetzt wird.
■ Ebenfalls 2007 bemerkt die Polizei eine „Trendwende“: Immer häufiger seien Glasflaschenzu Tatwaffen geworden.
VON KAI VON APPEN
Schwarz-Grün legt den Hamburger Kiez trocken: Der Senat hat am Dienstag einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, wonach das Mitführen, der Kauf und Verkauf von Glasflaschen im Rotlichtviertel um die Reeperbahn verboten wird – zumindest nachts an Wochenenden. „Es ist ein einzigartiges Gesetz“, sagte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), der vom „Spagat“ sprach, die Gegend sicherer zu machen und gleichzeitig „die Attraktivität der Amüsiermeile zu erhalten“. Das Gesetz solle nun zügig in Kraft treten: „Die warmen Sommernächte stehen bevor.“
Mit der Glasflaschenverbotszone erfährt der unter Partygängern beliebteste Teil des Stadtteils bereits die vierte Einschränkung durch Polizei und Behörden: Das Tragen jeglicher Waffen ist hier bereits rund um die Uhr verboten. Auch sind Reeperbahn und umliegende Straßen zur „Gefahrengebietszone“ erklärt worden und werden seither durch Videokameras überwacht. „Das Glasflaschenverbot ist ein Baustein des Gesamtkonzeptes“, so Ahlhaus.
Nach der Einführung des Waffenverbots registrierte die Polizei immer mehr Gewaltdelikte, bei denen Glasflaschen zur Anwendung kamen: 128 Fälle waren es laut Polizeidirektor Kuno Lehmann im vergangenen Jahr, bis Mitte Mai dieses Jahres kamen weitere 42 Körperverletzungen hinzu. Dabei werde die Flasche „meist spontan eingesetzt“, so Ahlhaus am Dienstag: „Weil der Inhalt bereits im Kopf ist.“
Das Verkaufsverbot gilt ab Freitagabend, 22 Uhr, für Flaschen aller Art – auch solche, die Softdrinks oder Säfte enthalten. Umgesetzt wird es vom Bezirklichen Ordnungsdienst (BOD) und der Polizei, die künftig intensive Kontrollen durchführen sollen. „Polizeipräsenz ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Sicherheitskonzeptes“, sagte Ahlhaus: Die Umgebung der Reeperbahn, rund ein Quadratkilometer groß, habe bundesweit die höchste Polizeidichte.
Treffen BOD oder Polizei künftig Besucher der „sündigen Meile“ mit einer Glasflasche an, werden sie aufgefordert, die Flasche nebst Inhalt in einem Container zu entsorgen. Im Wiederholungsfall sind Bußgelder bis zu 5.000 Euro möglich. Auch der Kneipenbesucher, der mit der Bierpulle in der Hand zum Rauchen vor die Tür geht, muss mit Sanktionen rechnen. Über jemanden, der etwa mit einer Flasche Wein im Rucksack erwischt werde, beteuerte Polizeidirektor Lehmann, „werden wir nicht wie die Terrier herfallen“: Es gehe darum, dass die Flasche nicht „griffbereit“ sein dürfe. Ausgeklammert aus den Maßnahmen bleibt auch die Außengastronomie, so dass Ahlhaus zufolge „das gepflegte Glas Bier oder ein Gläschen Wein“ möglich blieben. „Wir wollen die Glasflasche aus dem Verkehr ziehen“, so Ahlhaus, „nicht den Alkohol.“
Die SPD-Opposition hat bereits Zustimmung signalisiert. Dennoch polterte ihr Innenexperte Andreas Dressel, Senator Ahlhaus feiere nun „einen Gesetzentwurf, den er jahrelang als unnötig und nicht machbar bezeichnet hat“.
Die Linkspartei-Innenpolitikerin Christiane Schneider hält „das Verbot für unverhältnismäßig. Es liefert einen zusätzlichen Anlass für verdachtsunabhängige Kontrollen.“ Es werde eine Maßnahme in Szene gesetzt, die am Ende wenig bringe, so Schneider: Auf der Reeperbahn herrsche eine „ungeheuerliche Kontrolldichte“, St. Pauli sei längst „ein Gruselkabinett der Bürgerrechtsverletzungen“.