Die Verfassung ausgehebelt

HAFENCITY-UNI Opposition kritisiert Millionen-Verschleuderung bei Hochschulneubau. Linke kündigt Klage gegen Planungen an

Mit Kosten von mindestens 66, voraussichtlich aber eher rund 75 Millionen Euro wird der Uni-Neubau der Hafencity derzeit fixiert.

■ In dem neuen Gebäude sollen Architektur, Bauingenieurwesen, Stadtplanung und Geomatik gelehrt werden.

■ Als Alternative für den Standort Hafencity nennt der Rechnungshof die Renovierung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in der Hebebrandstraße oder ein Neubau auf diesem Gelände.

■ Das Einsparpotential beträgt bis zu 58 Millionen Euro gegenüber dem Hafencityneubau. MAC

Für Joachim Bischoff ist es ein „gewollter Verfassungsbruch des Senats“. Weil der Senat die Kritik des Landesrechnungshofes an den Planungen der Hafencity Universität „ignoriere“, heble er „die Landeshaushaltsordnung aus“ und breche damit „Recht und Gesetz“, warf der Haushaltsexperte der Linksfraktion am Mittwoch der schwarz-grünen Landesregierung in der Bürgerschaft vor. Bischoff forderte die SPD auf, gemeinsam mit seiner Fraktion rechtliche Schritte gegen das Planverfahren einzuleiten.

Vorausgegangen war der Bürgerschaftsdebatte die Aufforderung der Rechnungsprüfer an den Senat, wie in der Landeshaushaltsordnung vorgeschrieben auch alternative Standorte für den Hochschulneubau zu prüfen und vergleichende Berechnungen vorzulegen. Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) hatte aufgrund dieser Schelte die Pläne für den rund 73 Millionen teuren Neubau am vergangenen Donnerstag zurückziehen müssen, weil selbst ihre eigenen Parteikollegen befanden, die Gundelach-Vorlage sei „nicht entscheidungsreif“.

Mittlerweile aber habe der Senat in einer Drucksache deutlich gemacht, so Bischoff, dass er „die Schelte des Landesrechnungshofes und damit auch die rechtlichen Planungsgrundlagen komplett zu ignorieren“ gedenke. „Nehmen Sie die Kritik ernst und lassen Sie die Finger von diesem kleinen, völlig überteuerten Neubau“, forderte der SPD-Haushaltsexperte Peter Tschentscher Senatorin Herlind Gundelach auf. Die Angegriffene hingegen betonte, die Bürgerschaft habe mehrfach „die politische Entscheidung“ gefällt, einen architektonisch anspruchsvollen und energetisch optimierten Neubau in der Hafencity zu errichten, um diese zu beleben. Dass es „kostengünstigere Standorte und preiswertere Baukonzepte gibt, ist nicht die Frage“, so Gundelach.

Der GAL-Fraktionschef Jens Kerstan schlug in dieselbe Kerbe und rügte den Rechnungshof. Dieser habe „seine Kompetenzen überschritten, indem er nicht die wirtschaftliche Umsetzung dieser politischen Entscheidung, sondern diese selbst kritisiert“ habe. Nehme man die Kritik ernst, dürfe mit „öffentlichen Geldern schon aufgrund der dort hohen Grundstückspreise gar nicht in der Hafencity gebaut werden“, sagte er.

Ein Argument, das für Joachim Bischoff nur ein Beleg dafür ist, „dass der Eintritt der GAL in die Koalition an der Leuchtturmlogik des Senats nichts geändert hat“. MARCO CARINI